12. Oktober 2011. Edelmetalle bestimmen weiter den ETC-Handel, aber vor allem was den Goldpreis angeht, gehen die Meinungen weit auseinander. Bei Silber und Platin rechnen Viele mit steigenden Preisen.
Nach einem für Rohstoffe volatilen dritten Quartal mit zum Teil dramatischen Preiseinbrüchen fiel der Start in das Schlussquartal deutlich ruhiger aus. In der Hoffnung auf eine gütliche Lösung der Griechenland-Krise ist die Risikoaversion an den Kapitalmärkten etwas gesunken, die Rohstoffpreise sind wieder leicht angestiegen. In der vergangenen Woche hat sich der CRB-Rohstoffindex zum ersten mal seit Monaten wieder nach oben bewegt, wie Ole Hansen, Rohstoffanalyst bei der Saxo Bank, bemerkt: "Vor allem Energiewerte haben ein starkes Comeback hinter sich, wohl in der Hoffnung, dass eine US-Rezession doch schwächer als befürchtet ausfällt." Auch Industriemetalle, allen voran Kupfer, legten zu. Wichtigstes Thema im ETC-Handel bleibt aber Gold.
Gold noch weit vom Hoch entfernt
Auf den Umsatzlisten der Börse Frankfurt für die vergangenen zwei Wochen belegen Gold- und Silber-Verbriefungen die ersten sieben Plätze (WKN A0S9GB, A1EK0G, A0LP78, A1EK0J, A1E0HS, A0N62F, A0N62G). "Das ETC-Geschäft ist fast ausschließlich auf Edelmetalle beschränkt"", erklärt Sidi Kleefeld von der Deutschen Bank. Bei Gold hätten die Abgaben überwogen, wobei zuletzt - verstärkt auch durch die jüngsten Äußerungen des scheidenden EZB-Präsidenten Trichet über die Hebelung des EFSF-Rettungsschirms - eine Gegenbewegung eingesetzt habe. "Das schürt die Inflationsängste." Nach einem historischen Hoch Anfang September bei 1.920 US-Dollar war der Goldpreis zwischenzeitlich unter 1.600 US-Dollar gerutscht und liegt heute bei 1.678 US-Dollar. Ein wichtiger Auslöser für den Preiseinbruch war die Erhöhung der von der Terminbörse geforderten Einschüsse, doch auch die Stärke des US-Dollars spielt eine Rolle.
"Zuletzt ist es etwas ruhiger um die Edelmetalle Gold und Silber geworden", meint hingegen Nigel Longley von ETF Securities. Einige Investoren sähen aber bei Silber eine gute Einstiegsmöglichkeit, da das Verhältnis des Goldpreises zum Silber den höchsten Stand seit elf Monaten erreicht habe. Der Silberpreis hatte schon Ende April einen Rekord von fast 50 US-Dollar markiert und legte dann den Rückwärtsgang ein, Mitte September setzte ein erneuter Abwärtsschub ein, aktuell kostet eine Feinunze knapp 33 US-Dollar. "Der ETFS Physical Silver verzeichnete in der vergangenen Woche mit 15 Millionen US-Dollar die höchsten Zuwächse seit 18 Wochen", erklärt Longley (WKN A0N62F).
Potenzial für Platin
Platin- und Palladium-ETCs (WKN A0N62D, A0N62E) standen ETF Securities zufolge hingegen auf den Verkaufslisten. Viel Freude haben Anleger mit den beiden Metallen in den vergangenen Wochen auch nicht gehabt: Der ETFS Physical Platinum liegt auf Sicht von einem Monat mit 17 Prozent im Minus, beim ETFS Physical Palladium sind es sogar 19 Prozent. Kleefeld von der Deutschen Bank sieht aber zunehmend Interesse an Platin: "Nach der deutlich unterdurchschnittlichen Entwicklung im Vergleich zu Gold ist die Preisdifferenz extrem groß geworden. Das könnte sich wieder ändern", meint der Händler und verweist auf die Platin-Nachfrage aus der Automobilindustrie. "Zwischenzeitlich wurde Platin mit einem Abschlag von 10 Prozent zu Gold gehandelt, obwohl in den letzten fünf Jahren der Preis im Schnitt 30 Prozent über dem Goldpreis lag", erklärt auch Ole Hansen. Sobald sich die Erwartungen für die Weltwirtschaft wieder aufhellten, könne es bei Platin eine starke Aufholjagd geben.
Goldpreis: Zwischenkorrektur oder Wende?
Über die weitere Entwicklung beim Gold gehen die Meinungen radikal auseinander: Während manche Analysten die jüngste Korrektur als längst überfälliges Platzen einer Blase interpretieren, sind andere davon überzeugt, dass der Preis wieder steigen wird. "Die Suche nach Vermögensschutz aufgrund der weiterhin von breiten Anlegerkreisen befürchteten Monetarisierung von Staatsschulden reicht wahrscheinlich aus, um den langfristigen Aufwärtstrend des gelben Metalls intakt zu halten", kommentiert etwa Heinrich Peters von der Helaba. Gold-ETCs gehören im Übrigen immer noch zu den Top-Anlagen in diesem Jahr, wie ETF Securities anführt: Renditemäßig stehe der ETFS Physical Gold (WKN A0N62G) mit einem Plus von 16 Prozent seit Jahresanfang an der Spitze der ETCs, gefolgt vom ETFS Gold (WKN A0KRJZ) mit 15 Prozent. Den dritten Rang belegt der ETFS Brent (WKN A0KRKM).
Kupfer macht Teil der Verluste wett
Konjunktureller Gegenwind drückt traditionell besonders die Preise der Industriemetalle. Der ETFS Copper (WKN A0KRJU), der den Kupferpreis abbildet, konnte sich zuletzt zwar etwas erholen, hat in den vergangenen drei Monaten aber immer noch fast ein Viertel seines Werts verloren. Nach Einschätzung von Peters werden sich die Preisverluste bei dem Industriemetall noch fortsetzen. "Die erhöhten Wachstumsunsicherheiten werden sich wahrscheinlich auch in den Schwellenländern nicht rasch verflüchtigen", mutmaßt er. Andererseits sollte antizyklischer strategischer Lageraufbau für einen Puffer nach unten sorgen, zumal keine tiefe Rezession mit massiven Einbrüchen der Industrieproduktion drohten. Zum Jahresende sieht Peters den Kupferpreis bei 7.500 US-Dollar. Aktuell notiert das Metall bei 7.215 US-Dollar, im Februar waren noch Preise über 10.000 US-Dollar erzielt worden.
Lebenszeichen beim Öl
Während sich der Preis für Öl der Sorte Brent aufgrund der politischen Unsicherheiten in Nordafrika und im Nahen Osten ohnehin relativ stabil gehalten hatte, war Leichtöl der US-Sorte WTI seit Frühling billiger geworden. Nun legten beide Sorten zu: Der ETFS Brent (WKN A0KRKM) verbucht seit Monatsanfang ein Plus von 5 Prozent, der ETFS WTI (WKN A0KRKN) sogar über 8 Prozent.
Laut Helaba sprechen die Konjunkturaussichten aber nicht unbedingt für steigende Preise beim Öl: In China pendelten sich die Rohölimporte auf dem seit 2010 deutlich erhöhten Niveau ein, in den Industrieländern, vor allem den USA, werde der Verbrauch verhalten bleiben, erläutert Peters. Es sei allerdings auch kein Einbruch des Welthandels und damit der Energienachfrage aus dem Transportsektor wie 2008/2009 zu erwarten. "Ein entsprechendes Überschießen der Mineralölpreise nach unten ist daher wenig wahrscheinlich."
Talfahrt bei Agrarrohstoffen
Agrarrohstoffe sind in den vergangenen Wochen deutlich günstiger geworden. Für den marktbreiten ETFS Agriculture DJ-UBSCI (WKN A0KRKB), der sich im August trotz extremer Aktienmarktturbulenzen auf seinem hohen Niveau gehalten hatte, ging es im September rasant nach unten. Vor allem Zucker, Getreide und Öle seien für den jüngsten Preisverfall der Agrarrohstoffe verantwortlich, wie Ole Hansen erklärt. Bei Zucker sind einige Anleger aber offenbar davon überzeugt, dass er wieder teurer wird: Der Zucker-ETC (WKN A0KRJ8) verzeichnete jedenfalls die seit Februar dieses Jahres höchsten Zuflüsse, wie ETF Securities registriert. "Aufgrund sinkender Vorräte und heftiger Regenfälle in den USA rechnen Investoren mit einem Preisanstieg." Auch der ETFS Corn/Mais (WKN A0KRJV) sei wieder sehr gesucht. Auch hier würden Preiskorrekturen nach oben erwartet. Im marktbreiten ETFS Agriculture würden hingegen Gewinne glattgestellt. "Anleger setzen lieber auf einzelne Rohstoffe."
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© 12. Oktober 2011/Anna-Maria Borse
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
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