
Von Natali Schwab DOW JONES NEWSWIRES
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Auswirkungen der weltweiten Schuldenkrise sind bei Bayer und BASF angekommen. Beide Konzerne mussten im dritten Quartal im Chemiegeschäft Federn lassen, nachdem Kunden sich mit Bestellungen offenbar zunehmend zurückhalten. Dennoch schlagen sich die beiden führenden deutschen Chemiekonzerne bislang wacker und lieferten unter dem Strich bessere Konzernergebnisse als von Analysten erwartet.
Der Boom des vergangenen Jahres ist erst einmal vorbei: Hohe Zuwachsraten von 30% oder mehr, wie sie etwa Bayer in den letzten beiden Quartalen 2010 in der Kunststoffsparte Material Science erzielte, gehören mittlerweile der Vergangenheit an. Zwar erhöhte der Bereich den Umsatz auch im letzten Quartal, dies war nach Aussagen des Vorstandsvorsitzenden Marijn Dekkers jedoch allein Preiserhöhungen geschuldet. Der Absatz stagnierte hingegen.
"Wir spüren eine leichte Abschwächung der Nachfrage", gab Dekkers zu. Auch BASF-Chef Kurt Bock räumte eine zunehmende Verunsicherung der Kunden ein. Die Abnehmer disponierten vorsichtiger, reduzierten Vorräte und verzögerten zum Teil Bestellungen in Erwartung möglicher Preissenkungen, erläuterte er am Donnerstag bei Vorlage der Zahlen für das dritte Quartal. "Damit wurde Tempo aus der Weltwirtschaft herausgenommen und die Wachstumsdynamik weiter verringert".
Abkoppeln von den zunehmenden Konjunktursorgen kann sich bislang noch das Geschäft mit der Automobilindustrie. Aber die Nachfrage nach Bauchemikalien sank hingegen: Sowohl BASF als auch Bayer klagten über eine niedrigere Nachfrage aus der Baubranche.
Auf die schwierigere Lage will BASF mit mehr Effizienz und niedrigeren Kosten reagieren. Auch Bayer hat im vergangenen Jahr ein Sparprogramm aufgelegt, welches jedoch vor allem auf die beiden anderen Bereiche - die Agrarchemie und das Gesundheitsgeschäft - abzielt. Ebenfalls gleich ist beiden Konzernen, dass sie ihr Engagement in den Schwellenländern, die weitaus dynamischer wachsen als die reifen Märkte, ausbauen wollen.
Mit der nachlassenden Wachstumsdynamik rücken auch die hohen Rohstoffkosten wieder verstärkt in den Mittelpunkt. BASF konnte im dritten Quartal die höheren Preise noch an die Kunden weitergeben. Bayer gelang dieses nicht mehr vollständig: Zwar erhöhten auch die Leverkusener die Preise über alle Bereiche hinweg, jedoch konnten sie die gestiegenen Kosten damit nicht komplett ausgleichen.
Sowohl Bayer als auch BASF gehen für das vierte Quartal von einer weiteren Abschwächung der Wachstumsraten in der Chemie aus. Einen Einbruch befürchten beide Konzerne aber offenbar nicht: Sie bekräftigten auch dank eines brummenden Agrarchemiegeschäfts jeweils ihre Prognosen für das laufende Jahr. Hier sieht die Lage freundlicher aus: BASF rechnet mit einem "signifikanten" Umsatzwachstum sowie einem deutlich höheren bereinigten operativen Ergebnis EBIT. Bayer strebt ein währungs- und portfoliobereinigtes Erlösplus von 5% bis 7% sowie eine Steigerung ihrer operativen Kennziffer, das bereinigte EBITDA, auf mehr als 7,5 (Vorjahr: 7,1) Mrd EUR an.
Wie es jedoch im kommenden Jahr weiter geht, ist angesichts der allgemeinen Unsicherheit ungewiss. Sowohl BASF als auch Bayer hielten sich mit Aussagen über die künftige Entwicklung zurück. Konsens unter Volkswirten ist derzeit, dass sich das Wachstum der Weltwirtschaft weiter abschwächen wird. Eine Rezession wird jedoch nicht erwartet. Viel wird davon abhängen, ob es den europäischen Ländern gelingen wird, ihre Schuldenkrise zu lösen.
Politische Unsicherheiten würden sich auch in der Wirtschaft negativ bemerkbar machen, sagte etwa Bayer-Chef Dekkers. Mit den Entscheidungen des EU-Gipfels aus der Nacht, Griechenland die Hälfte seiner Schulden zu erlassen und den Banken eine Stärkung ihrer Kapitalbasis aufzuerlegen, sei ein erster Schritt gemacht, um die Unsicherheit in Europa zu beseitigen. Dekkers begrüßte die Resultate. "Das Wichtigste ist Stabilität." Ähnliche Bemühungen wünsche er sich auch für die ebenfalls hochverschuldeten USA.
BASF-Vorstandsvorsitzender Bock gab sich noch eine Spur euphorischer. Er nannte die Gipfel-Ergebnisse den "Durchbruch, auf den wir gewartet haben". Er hoffe, dass die Resultate nun die Wirtschaft ankurbeln werden. Am Aktienmarkt wurde diese Einschätzung geteilt. Die Aktien von BASF und Bayer notieren am Nachmittag um mehr als 6% im Plus und damit noch etwas fester als der DAX, der nach den Ergebnissen der Nacht um etwa 5% zulegt.
-von Natali Schwab, Dow Jones Newswires, +49 69 29725119, natali.schwab@dowjones.com (Heide Oberhauser-Aslan in Frankfurt hat zu dieser Geschichte beigetragen) DJG/nas/kgb/sha
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