
Japan will Lehren aus dem Atomunfall in Fukushima ziehen und seine Energiepolitik überdenken. Es gehe darum, "mittel- bis langfristig eine Gesellschaft zu schaffen, die nicht von Atomenergie abhängt", sagte der japanische Ministerpräsident Yoshihiko Noda am Samstag vor ausländischen Journalisten. Zu einer möglichen strafrechtlichen Verantwortung für den Unfall meinte er, dem Gesetz nach sei zwar der Betreiber Tepco in erster Linie verantwortlich. Doch hätten alle - Regierung, Betreiber und Wissenschaft - "zu sehr am Sicherheitsmythos" gehangen. Statt die Schuld einer einzelnen Person zu geben, müssten alle "den Schmerz teilen und ihre Schlüsse daraus ziehen", sagte Noda wenige Tage vor dem ersten Jahrestag der Katastrophe.
Zuvor hatte eine unabhängige Untersuchungskommission aufgedeckt, dass der damalige Tepco-Chef, Masataka Shimizu, fünf Tage nach dem Tsunami das havarierte Atomkraftwerk vollständig evakuieren und sich selbst überlassen wollte. Bei der Diskussion der möglichen Folgen war die Regierung zu einem Worst-Case-Szenario gekommen, bei dem selbst die Evakuierung Tokios erwogen wurde. Nur dem Druck des damaligen Regierungschefs Naoto Kan hat es Japan zu verdanken, dass es nicht so weit kam. Er war in die Zentrale von Tepco gestürmt und hatte die Konzernführung angebrüllt, ein Aufgeben des AKW komme nicht in Frage.
Ein Jahr nach dem Unfall sagte der neue Regierungschef Noda, Japan werde seine Lehren daraus ziehen, auch in Bezug auf das Krisenmanagement. "Wir müssen unserer Verantwortung nachkommen, sicherzustellen, dass sich dieser Unfall nicht wiederholt", so Noda. Mit seinem Vorgänger, der sich für einen Atomausstieg ausgesprochen hatte, gebe es insofern Übereinstimmung, dass sich Japan unabhängig von Atomenergie machen sollte. "Wir sind uns über die mittel- und langfristige Richtung einig", sagte Noda. Auf die Frage, ob Japan nach Ablauf der nun auf 40 Jahre festgelegten Laufzeit für bestehende AKW ab 2040 atomfrei sein werde, gab er jedoch keine konkrete Antwort.
Es gehe nun darum herauszufinden, was der "beste Energiemix" für sein Land sei, sagte der Regierungschef. "Wir sollten bald in der Lage sein, Optionen aufzuzeigen". Gegen Mitte dieses Jahres plane man eine Strategie für die künftige Energiepolitik, kündigte Noda an./ln/DP/he
AXC0039 2012-03-04/18:20