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Jürgen Großmann - Ein Dino auf Abschiedstour

Von Martin Rapp 
DOW JONES NEWSWIRES 

ESSEN/FRANKFURT (Dow Jones)--Für starke Worte war Jürgen Großmann schon immer bekannt. Auf seiner letzten Hauptversammlung holte er noch einmal zum Rundumschlag gegen die Politik aus. "Wir halten die Beschlüsse der Bundesregierung rund um die Kernenergie nicht für rechtens", schoss der vor kurzem 60 Jahre alt gewordene Manager gegen den von der Regierung beschlossenen Atomausstieg. Gleichzeitig kündigte er an, dass er diesen gemeinsam mit dem Konkurrenten E.ON nun auch vor dem Bundesverfassungsgericht angreifen wird.

Die Rücknahme der Laufzeitverlängerungen war ein Schlag für das Unternehmen - und für Großmann persönlich. Die umstrittene Kernenergie langfristig hoffähig zu machen, gehörte zu den zentralen Projekten seiner knapp fünfjährigen Amtszeit.

Ende Juni übergibt Großmann sein Amt als RWE-Chef an den Niederländer Peter Terium. 2007 trat der Stahlunternehmer "einen der schwierigsten Jobs in der deutschen Industrie" an, wie damals das "Handelsblatt" einen Weggefährten zitierte. Dennoch waren die Erwartungen an ihn bei seinem Amtsantritt im Oktober hoch. Der gut vernetzte Unternehmer sollte mit seinen Verbindungen zur Kommunal- und Bundespolitik das Umfeld für RWE positiv beeinflussen und den verengten Blick seines Vorgängers Harry Roels auf den Kapitalmarkt hinter sich lassen.

"Einer der Hauptgründe für Großmanns Bestellung waren seine umfassenden und guten politischen Kontakte", sagt ein Frankfurter Analyst, der nicht namentlich genannt werden will. "Daraus hat er aber für den Konzern in der Debatte um den beschleunigten Atomausstieg keinen Gewinn schlagen können."

Großmann schlug zu Beginn ein hohes Tempo an. Schon in den ersten Wochen strich er unnötige Arbeitsebenen und gründete eine Tochter für erneuerbare Energien, die heute zu den treibenden Kräften bei Gewinnwachstum und Abbau des Schadstoffausstoßes zählt. Ingo Speich, Fondsmanager bei Union Investment, rechnet ihm das als Pluspunkt an. "Auf der positiven Seite steht der Einstieg in die erneuerbaren Energien, der von Großmann forciert wurde. Allerdings stand RWE 2007 unter großem Druck, hier endlich etwas zu machen", sagt er.

Mit dem Näherrücken des Jahres 2013, in dem die Zeit kostenlos zugeteilter Emissionszertifikate ein Ende hat, wurde die Sauberkeit der Stromerzeugung immer wichtiger für RWE. Immerhin ist der Konzern Europas größter Luftverschmutzer. Da passte auch der Kauf des niederländische Konzerns Essent ins Konzept mit seinen ansehnlichen Projekten, die schon bestanden oder weit geplant waren. RWE blätterte über sieben Milliarden Euro für das Unternehmen hin. Für Speich ein Geschäft mit "Licht- und Schattenseiten". Zwar passe Essent zu den Deutschen, sei aber zu teuer gewesen.

Neben den grünen Energien warb Großmann offensiv für die Nutzung der Kernkraft. Als schadstoffarme Energieart sollten die deutschen Atommeiler am besten länger laufen, als in dem von Rot-Grün Anfang des Jahrzehnts erzwungenen Atomkonsens vereinbart, forderte er.

Die große Stunde Großmanns schlug dann mit dem Regierungswechsel in Berlin. Die Koalition aus Union und FDP ging auf die Argumente der Atomkonzerne ein. Das Gesicht der Energiewirtschaft in dieser Zeit war vor allem der RWE-Chef, der sich mit seinem forschen Eintreten für die Kernkraft 2010 die ehrenrührige Auszeichnung "Dinosaurier des Jahres" vom Naturschutzbund Deutschland verdiente.

Den Umweltschützern stieß besonders die von Großmann initiierte Anzeigenkampagne auf. Mit ganzseitigen Inseraten in großen deutschen Tageszeitungen erhöhte die Energiewirtschaft kurz vor der Entscheidung im September 2010 nochmal den Druck auf die Politik. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen: Zwölf Jahre länger sollten die deutschen Meiler laufen.

Großmanns gute Kontakte hatten sich ausgezahlt für den Konzern, bei dem zu dem Zeitpunkt die angestrebte Schadstoffreduzierung am günstigsten mit den Atomreaktoren zu bewerkstelligen schien. Lange währte die Freude jedoch nicht, denn eine für die Essener unglückliche Kombination von Ereignissen sorgte für den Strich durch die Rechnung.

Am 11. März 2011 havarierte das japanische Atomkraftwerk Fukushima infolge eines Erdbebens samt Flutwelle. 25 Jahre nach dem Unglück von Tschernobyl waren die Risiken der Kernenergie mit ihrer ganzen Kraft wieder ins Bewusstsein der Menschen gerückt. Die in dieser Hinsicht besonders empfindliche deutsche Bevölkerung musste gar nicht groß aktiv werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nahm in einem radikalen Kurswechsel die zu erwartenden Proteste vorweg - und die längeren Laufzeiten wieder vom Tisch.

Die Energiemanager, allen voran Großmann, waren brüskiert. Und ihre Konzerne müssen sich seitdem mit weniger Gewinn anfreunden. Bei RWE sank der für die Dividenden maßgebliche bereinigte Gewinn 2011 um über ein Drittel und wird sich wohl bis 2013 nicht erhöhen. Zu dem plötzlich über das Unternehmen hereingebrochenen Atomausstieg kam die Belastung durch die langfristigen Gasverträge. Hier wurde das Management von den preislichen Auswirkungen des neuen Gasangebots überrascht.

Großmann versucht nun zum Ende seiner Amtszeit, den Absturz als Beginn neuen Wachstums zu verkaufen. "RWE hat die Kraft und die Substanz, um auf Wachstumskurs zu bleiben. Dabei meine ich langfristig wieder steigende Nettoergebnisse", kündigte er den Aktionären an. Doch ob und wann das Niveau der Zeit vor Großmann wieder erreicht wird, ist fraglich.

Nach dem Ergebnisrückgang im vergangenen Jahr verdienen die Essener weniger als 2007. Gleichzeitig verteilt sich der Gewinn auf mehr Aktien, deren Zahl durch die Kapitalerhöhung zugenommen hat. Der Schritt wurde nötig, weil die Verschuldung durch die Investitionen in Essent und neue Kraftwerke enorm ist. Gleichzeitig sollen Teilverkäufe und ein Sparprogramm für Entlastung sorgen.

Dabei wollte Großmann schon ein halbes Jahr nach Amtsantritt "Doppelarbeiten erfassen, um sie künftig zu vermeiden", wie er im April 2008 der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" sagte. Sehr weit ist er dabei nicht gekommen. Mit gut 72.000 Beschäftigten zu Jahresbeginn hatte RWE fast 9.000 Menschen mehr als Ende 2007. In etwa so viele Angestellte sollten mit Essent zu dem Konzern kommen.

"Ich sehe Grossmanns Bilanz bei RWE als gemischt", konstatiert Speich. Der Fondsmanager gesteht dem Manager aber "weit größere Herausforderungen" zu als dessen Vorgängern. Mit der Abwendung vom Kapitalmarkt hat es aber funktioniert. Beziehungsweise mit der Abwendung des Kapitalmarkts von RWE: In Roels' Amtszeit war die Aktie von gut 15 Euro auf rund 70 Euro gestiegen. Dann übernahm Großmann. Heute kosten RWE-Papiere die Hälfte.

Von Martin Rapp, Dow Jones Newswires, 
+49 (0)69 29725 104, unternehmen.de@dowjones.com 
(Jan Hromadko hat zu dieser Meldung beigetragen) 
DJG/mmr/jhe 
 

(END) Dow Jones Newswires

April 19, 2012 13:34 ET (17:34 GMT)

Copyright (c) 2012 Dow Jones & Company, Inc.

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