Für die Zukunft des Bochumer Opel-Werks naht der Tag der Entscheidung: Am Donnerstag hat Betriebsratschef Rainer Einenkel zu einer Belegschaftsversammlung geladen, auf der die Arbeitnehmer über die Sanierungspläne des Managements abstimmen sollen. Das Votum wird mit Spannung erwartet: Bochum ist der wohl letzte große Knackpunkt in der aktuellen Sanierungsrunde des chronisch defizitären Autobauers.
Segnen die Beschäftigten die Pläne der Opel-Chefs ab, die ihnen millionenschweren Verzicht abverlangen, etwa bei übertariflichen Leistungen oder aber der Stundung von künftigen Tariferhöhungen, dann wird die Autoproduktion in Bochum wahrscheinlich 2017 - nach dem Produktionsauslauf des aktuellen Familienvans Zafira - eingestellt.
Dafür würde Opel bis 2016 Kündigungsschutz gewähren und damit länger als bisher. Anschließend soll das Autowerk in ein Komponenten- und Logistikzentrum umgebaut werden: 1.200 von rund 3.300 Stellen sollen so gesichert werden. Unternehmen und Politik haben überdies die Initiative "Bochum Perspektive 2022" ins Leben gerufen, die Ideen und Strategien entwickeln soll, weitere 1.000 neue Jobs in der strukturschwachen Ruhrregion zu schaffen.
Eigentlich haben die Opelaner keine Wahl. Lehnen sie am Donnerstag ab, droht das Ende der Automobilproduktion bereits 2015 - nach Ablauf des gültigen Standortsicherungsvertrags. Bochum ist das letzte deutsche Opel-Werk, in dem die Abstimmung über die neuen Pläne der Geschäftsleitung noch aussteht: Am Stammsitz in Rüsselsheim und in Kaiserslautern haben die Arbeitnehmer sie schon mit großer Mehrheit abgenickt. Im thüringischen Eisenach läuft das Votum - es wird ebenfalls breite Zustimmung erwartet.
Und in Bochum? Die IG Metall Nordrhein-Westfalen will den zum Sanierungsvertrag gehörenden Tarifvertrag nur abschließen, wenn die Mehrheit der Bochumer Opelaner dafür stimmt. Das aber ist nicht sicher. Zuletzt hatte Werkschef Manfred Gellrich um Zustimmung geworben. In einem Mitarbeiterbrief schrieb er: "Verpassen wir diese Chance, greift die bestehende Standort-Absicherung. […] Für mich ist das keine wirkliche Alternative."
Dem Betriebsrat und dem umtriebigen Kämpfer Rainer Einenkel gehen die Zusicherungen aus der Zentrale in Rüsselsheim dagegen nicht weit genug. Er fordert mehr Klarheit, welche Komponenten nach dem Ende der Autoproduktion in Bochum gefertigt werden könnten. Opel hat sich zu den Details bisher nicht geäußert.
Im Brief von Werksleiter Gellrich ist davon die Rede, dass Bochum ein Kompetenzzentrum für die Zukunftspresstechnologie und die Karosserieersatzteilefertigung werden soll. Auch eine Fertigung für den Kunststoffspritzguss werde hier angesiedelt und eine Aufbereitung für Ersatzteile.
Opel schreibt insgesamt seit etlichen Jahren rote Zahlen. Bis zur Mitte des Jahrzehnts will Mutterkonzern General Motors die Probleme in den Griff bekommen. Allein die Fixkosten sollen mit umfangreichen Sparmaßnahmen um 500 Millionen Dollar sinken. Eine groß angelegte Allianz mit dem französischen Wettbewerber PSA Peugeot Citroen soll mittelfristig 2 Milliarden Dollar jährliche Einsparungen bringen, und nicht zuletzt zahlreiche neue Modelle sollen die Marke mit dem Blitz um 2015 herum wieder profitabel machen.
Noch beschäftigt GM in Europa etwa 38.000 Menschen. Seit der Jahrtausendwende hat der US-Konzern hier Verluste in zweistelliger Milliardenhöhe angehäuft. Allein 2012 fiel ein operatives Minus von rund 1,8 Milliarden Dollar an. Zuletzt verschlimmerte die schwache Entwicklung auf dem europäischen Automarkt die prekäre Lage von Opel noch. In hohem Maße hängen Wohl und Wehe von Opel vom Autogeschäft in Europa ab. Die Wirtschaftskrise dürfte Opels Kernmarkt in diesem Jahr auf das schwächste Niveau seit Anfang der 1990er Jahre abstürzen lassen. Besserung ist nicht in Sicht.
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March 20, 2013 07:33 ET (11:33 GMT)
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