Intercore Financial Research - Seit Anfang Juli steht der Kanadier Carney an der Spitze der britischen Zentralbank. Die Erwartungen an ihn sind riesig, denn er soll die lahmende, britische Wirtschaft wieder in Schwung bringen. Der 48-jährige Mark Carney ist der erste Ausländer auf dem Chefsessel und übernahm das Amt vom Mervyn King, der 10 Jahre an der Spitze gestanden hatte. Die Wahl auf Carney fiel persönlich durch den Finanzminister George Osborne. Carney, der ehemalige Investmentbanker, hatte als Chef der kanadischen Notenbank, im Umgang mit der Finanzkrise, Erfolge gefeiert.
In Großbritannien erwartet die Politik von Carney, dass die Notenbank anteilsmäßig zur schnellstmöglichen Erholung der Wirtschaft beiträgt. Dies erscheint als übergroße Aufgabe, denn die Finanzkrise hat sich besonders stark in Großbritannien ausgewirkt. Um 0,3 Prozent wuchs die Wirtschaft im ersten Quartal. In der letzten Woche bestätigten Statistiker, dass zu Beginn des Jahres 2012 ein Null-Wachstum verbucht wurde und nicht wie angenommen, das Wachstum geschrumpft war.
Große Erwartungen werden an Carney gestellt. In einem offenen Brief fordert die britische Handelskammer den neuen Zentralbankchef auf, die Betriebe mehr zu unterstützen. Nur knapp eine Woche nach seinem Antritt und der Übernahme der Aufgaben von Sir Mervyn King tagt schon der geldpolitische Ausschuss in der Theadneedle Street in London. Mit großer Aufmerksamkeit wird diese Tagung verfolgt. Ein wichtiges Thema ist der Leitzins, der auf einem historischen Tief von 0,5 Prozent angelangt ist. Wird Carney den Leitzins so belassen oder weiter an der Zinsschraube drehen? Allerdings gibt es noch eine interessantere Frage, die sich die Beobachter stellen. Wird es dem neuen Bankchef gelingen, den Ausschuss zu einer erneuten Runde des sogenannten ?Quantitative Easing? zu gewinnen?
Der bisherige Zentralbankchef hat mit Hilfe von Anleihekäufen in den vergangenen Jahren zusätzlich Geld in den Markt gepumpt. Die Summe belief sich auf 375 Milliarden Pfund. Der Erfolg der Anleihenkäufe ist umstritten. Vor seinem Abschied forderte King erneut, dass weitere 25 Milliarden Pfund lockergemacht werden sollten. Er konnte es aber nicht mehr durchsetzen.
Als Ausnahmetalent gilt der Oxford-Absolvent und Ex-Investmentbanker Carney und soll endlich für Wirtschaftswachstum sorgen. Die zunehmend positiven Wirtschaftsindikatoren werden von Optimisten positiv bewertet. Den größeren Aufschwung im Bauwesen und die stetig, aber langsam steigenden Exporte sehen sie als gutes Zeichen, dass die Politik von King in die richtige Richtung führte. Allerdings gibt es auch Kritiker, die bemängeln, dass die Geldpolitik Kings die inflationären Tendenzen in Kauf nahm. Dies spiegelt sich in der Teuerungsrate, die zeitweise auf 5,2 Prozent gesprungen war, wider. Für den Staat war das positiv. So konnte die Schuldenlast an Gewicht verlieren. Die Verbraucher mussten aber höhere Lebenshaltungskosten in Kauf nehmen. Im Moment liegt die Inflation in Großbritannien bei 2,7 Prozent. Dies ist deutlich über der Zielmarke der Bank of England von zwei Prozent.
Im Bezug auf den Ausblick für die nächsten sechs Monate, können noch keine großartigen Prognosen gestellt werden. Die wirtschaftlichen Ereignisse sind abhängig von den Entscheidungen des geldpolitischen Ausschusses bezüglich des Leitzinses. Aber auch die monetäre Lockerung, im Bezug auf den Kauf von Anleihen durch die Zentralbank, ist ein wichtiger Indikator für die Zukunft der englischen Wirtschaft.