FRANKFURT--Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel und seine für Umwelt zuständige Kollegin Barbara Hendricks (beide SPD) haben zusammen mit ihren Amtskollegen aus Frankreich, Italien und dem Vereinigten Königreich ein ehrgeizigeres Klimaziel für die Europäische Union gefordert. Bis 2030 müsse der Kohlendioxidausstoß um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 reduziert werden, fordern die Minister in einem auf den 6. Januar datierten Brief an EU-Energiekommissar Günther Oettinger.
In einem weiteren Brief - in beide hatte Dow Jones Einblick - fordern Gabriel und sieben seiner Amtskollegen aus Österreich, Belgien, Dänemark, Frankreich, Irland, Italien und Portugal Oettinger und Klimaschutzkommissarin Connie Hedegaard zudem auf, einen Vorschlag für ein neues EU-Ökostromziel für 2030 vorzulegen.
Bis 2020 will die EU den Anteil erneuerbarer Energie am Energieverbrauch auf ein Fünftel steigern. Außerdem soll der Kohlendioxidausstoß um 20 Prozent im Vergleich zu 1990 verringert und der Energieverbrauch ebenso um 20 Prozent im Vergleich zu 2005 reduziert werden. Für die Zeit danach wird gegenwärtig eine Strategie ausgearbeitet, die die EU-Kommission Ende Januar gemeinsam mit einer Reform des Europäischen Emissionshandels vorlegen will.
Kurz vor Weihnachten hat allerdings EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso laut Medienberichten das Dossier an sich gerissen. Er will es den Mitgliedsstaaten überlassen, wie sie ihren Energie-Mix künftig gestalten. Aufgrund des Widerstands in mehreren EU-Staaten halte es der Kommissionspräsident aber politisch für unmöglich, verbindliche Ökostrom-Ziele vorzulegen, hatte die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtet.
Bereits in ihrem im vergangenen März veröffentlichten Diskussionspapier (Grünbuch) hatte die Kommission daran gezweifelt, dass es erneut drei verschiedene Ziele geben wird. Ein neues Ziel für Erneuerbare müsse "vorsichtig betrachtet" werden, heißt es in dem Papier
Die acht Minister verweisen hingegen in ihrem Brief an Oettinger und Hedegaard darauf, dass erneuerbare Energie auch von der Kommission als eine von mehreren sogenannten "No regret"-Strategien betrachtet wird, die keine Nachteile bringen. Das Ökostromziel für 2020 habe den Ausbau erneuerbarer Energie in der EU zentral angetrieben, wodurch Arbeitsplätze und Wachstum entstanden seien, heißt es in dem Brief. Die Minister räumen zwar ein, dass man daraus auch Lehren gezogen habe und die Ökostromförderung zukünftig intelligenter und kosteneffizienter sein müsse. Doch dies könne nur umgesetzt werden, wenn auch ein neues Ausbauziel für 2030 festgelegt werde.
Bei der Forderung, den Kohlendioxidausstoß von 1995 bis 2030 um 40 Prozent zu reduzieren, erhält Gabriel allerdings weniger Unterstützung. Neben ihm und Hendricks unterzeichneten den Brief an Oettinger nur die für Energie zuständigen Minister aus dem Vereinigten Königreich und Frankreich, Ed Davey und Philippe Martin, sowie der italienische Umweltminister Andrea Orlando.
Die fünf Minister sehen das CO2-Ziel als wichtige Voraussetzung, um bei der nächsten UN-Klimakonferenz in Paris im kommenden Jahr auch eine ambitionierte Vereinbarung für eine globale CO2-Reduktion zu erreichen, die das Kyoto-Protokoll ablösen soll. Die EU habe eine Vorreiterrolle und könne diese bei den Klimaverhandlungen nur demonstrieren, wenn sie frühzeitig ein klares und ehrgeiziges Ziel zur Treibhausgasreduktion festlege, heißt es in dem Brief.
Auch der europäische Windenergieverband EWEA forderte am Dienstag ein verbindliches 40-Prozent-Reduktionsziel bis 2030 für den Ausstoß von CO2 und verwies auf eine vor kurzem von der EU-Kommission veröffentlichte Studie zur erwarteten CO2-Reduktion bis 2050.
Laut den Berechnungen der Kommission wird sich der Ausstoß von Kohlendioxid bis 2020 zwar sogar um 24 Prozent im Vergleich zu 1990 verringern, womit das EU-Ziel übererfüllt wird. Mit den derzeit in Kraft befindlichen und geplanten Gesetzen werde das unverbindlich von der EU gesetzte Ziel, den CO2-Ausstoß bis 2050 um mindestens 80 Prozent zu verringern aber nicht erreicht. Bis 2030 sei eine Reduktion um 32 Prozent im Vergleich zu 1990 zu erwarten und bis 2050 um 44 Prozent, heißt es in der Studie.
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January 07, 2014 11:06 ET (16:06 GMT)
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