EZB-Chef Mario Draghi schätzt die direkten wirtschaftlichen Auswirkungen der Ukraine-Krise auf die Wirtschaft des Euroraums bislang als begrenzt ein. Draghi begründete seine Einschätzung am Montag vor dem Europäischen Parlament in Brüssel mit den vergleichsweise geringen Handelsverflechtungen zwischen der Ukraine und dem Währungsraum. Zudem seien die Engagements europäischer Banken in dem osteuropäischen Land nicht besonders groß.
"Die geopolitische Dimension ist aber eine ganz andere", schränkte der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) ein. Die politischen Folgen könnten weit über rein ökonomische Effekte hinaus reichen, warnte Draghi. Die Notenbank beobachte die Situation mit "großer Aufmerksamkeit".
In der Eurokrise warnte der EZB-Chef vor Selbstgefälligkeit. "Die vor uns liegenden Aufgaben sind zu wichtig und zu komplex, um in Selbstzufriedenheit zu verfallen." Draghi verwies etwa auf die hohe Arbeitslosigkeit im Euroraum. Zudem müssten wirtschaftliche Ungleichgewichte weiter abgebaut und Strukturreformen umgesetzt werden. Die zweite Säule der Bankenunion, der Abwicklungsmechanismus (SRM), müsse schnell verabschiedet werde. Insgesamt bewege sich die Eurozone aber in die richtige Richtung. "Das Glas ist mindestens halb voll."
Auf Rückfrage sagte Draghi, das Anleiheprogramm der Notenbank (OMT) stehe nach wie vor "bereit, um aktiviert zu werden". Das Programm, mit dem die EZB unter bestimmten Bedingungen Staatsanleihen angeschlagener Euroländer kaufen will, sei "vollkommen legal", so der EZB-Chef. Das Bundesverfassungsgericht ist anderer Meinung, es hat eine bei ihm anhängige Beschwerde dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegt.
Zu Fragen, die die mit Spannung erwartete EZB-Zinssitzung an diesem Donnerstag betreffen, wollte sich Draghi nicht äußern. Er verwies auf die sogenannte "Purdah-Periode", nach der sich EZB-Vertreter eine Woche vor einer regulären Sitzung mit öffentlichen Äußerungen prinzipiell zurückhalten. Beobachter sind sich gegenwärtig nicht einig, ob die Notenbank ihre Geldpolitik wegen der schwachen Inflation abermals lockern wird./bgf/jsl
AXC0183 2014-03-03/17:22