Von Hendrik Varnholt
ESSEN--Die Energiewende nimmt RWE das Geschäftsmodell: Deutschlands zweitgrößter Energiekonzern hat im vergangenen Jahr zum ersten Mal seit Ende des Zweiten Weltkriegs einen Milliardenverlust geschrieben. Hauptursache für den horrenden Fehlbetrag sind zwar einmalige Wertkorrekturen. Die staatlich geförderte Konkurrenz durch Sonnen- und Windstrom aber beeinträchtigt nach Einschätzung von RWE auch zunehmend das laufende Geschäft. Vor dem Hintergrund erneuerte der Konzern am Dienstag seine schon im November abgegebene Prognose, nach der im angefangenen Jahr auch die operativen Kennzahlen einbrechen dürften.
Unter dem Strich hat sich der Ausbau der Erneuerbaren Energien schon im vergangenen Jahr drastisch auf RWEs Ergebnis ausgewirkt. Der Konzern fuhr nach Steuern und Dritten einen Verlust von 2,76 Milliarden Euro ein. Noch im Jahr 2012 war dem Versorger netto ein Gewinn von 1,31 Milliarden Euro geblieben. Im Jahr 2013 allerdings korrigierte das Unternehmen zweimal den Wert konventioneller Kraftwerke: Im zweiten Quartal fielen Abschreibungen von 800 Millionen Euro in den Niederlanden an. Für das Schlussquartal meldete RWE zusätzliche Wertkorrekturen von 3,3 Milliarden Euro. Insgesamt beziffert das Unternehmen die Abschreibungen des vergangenen Jahres auf 4,8 Milliarden Euro. Die Wertkorrekturen sind größtenteils Folge der schlechten Ertragsaussichten im Kraftwerksgeschäft.
Auf das nachhaltige Nettoergebnis, an dem RWE die Dividenzahlung bemisst, aber haben derartige Sondereffekte keinen Einfluss. Die Kennzahl blieb deshalb vergleichsweise konstant: Sie verringerte sich im vergangenen Jahr auf 2,31 Milliarden Euro, nach 2,46 Milliarden Euro im Jahr 2012. Analysten hatten im Durchschnitt mit einem noch etwas schwächeren Rückgang auf 2,41 Milliarden Euro gerechnet. Auch gemessen an RWEs eigener im November abgegebenen Prognose hat sich das nachhaltige Nettoergebnis etwas schlechter entwickelt als erwartet: Der Konzern hatte einen Wert von rund 2,4 Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Das Betriebsergebnis verringerte sich im Jahr 2013 von 6,42 Milliarden Euro auf 5,88 Milliarden Euro.
Der trotz der Rückgänge noch immer relativ gute Schein der operativen Kennzahlen allerdings ist trügerisch. In die Zahlen floss nämlich im vergangenen Jahr eine Einmalzahlung des russichen Gaskonzerns Gazprom ein, mit dem sich RWE zuvor auf neue Preiskonditionen geeinigt hatte. Weil zum einen eine solche Zahlung in diesem Jahr nicht zu erwarten ist und sich zum anderen sinkende Großhandelsstrompreise immer stärker bemerkbar machen, rechnet der Konzern für das Jahr 2014 mit einem Einbruch auch bei den um Sondereffekte bereinigten Zahlen: RWE erneuerte am Dienstag die eigene Prognose, nach der das nachhaltige Nettoergebnis in diesem Jahr auf einen Wert zwischen 1,3 und 1,5 Milliarden Euro einbrechen dürfte. Das Betriebsergebnis sieht RWE im Gesamtjahr 2014 bei 4,5 bis 4,9 Milliarden Euro. Einige Analysten dürfte dies erleichtern. Sie hatten für möglich gehalten, dass RWE die Prognose angesichts weiter geschrumpfter Großhandelsstrompreise senkt.
Auf seine Schwierigkeiten reagiert RWE mit einem Sparprogramm. Das trifft auch die Aktionäre: Den Anteilseignern will RWE für das Jahr 2013 eine Dividende von nur noch 1 Euro vorschlagen. Ein Jahr zuvor war die Ausschüttung doppelt so hoch ausgefallen. Der Versorger hatte über die Halbierung schon im November berichtet und bestätigte sie nun. Das Unternehmen plant zudem, bis zum Jahr 2016 weitere rund 6.750 Stellen abzubauen. Darüber hinaus müssen die außertariflich bezahlten Mitarbeiter in diesem Jahr auf Gehaltserhöhungen verzichten.
Kontakt zum Autor: hendrik.varnholt@wsj.com
DJG/hev/kla
(END) Dow Jones Newswires
March 04, 2014 01:16 ET (06:16 GMT)
Copyright (c) 2014 Dow Jones & Company, Inc.