Von Benjamin Krieger
Der deutsche Aktienmarkt könnte die besten Zeiten hinter sich haben. Seit Anfang dieser Woche ist er nicht mehr angesagt. Anleger setzen stattdessen auf die Börsen der Peripherie der Eurozone. Während der DAX seit Montag um 2,4 Prozent gefallen ist, haben die Börsen in Madrid und Portugal um knapp 2 Prozent zugelegt. In Italien ist der MIB-35 um 1,6 Prozent gestiegen. Der DAX hinkt somit auf Wochensicht um mehr als 4 Prozent hinterher. Aus Sicht von Investoren ist das ein dickes Brett.
Der deutsche Aktienmarkt könnte das Opfer seiner eigenen Stärke werden. In den vergangenen zwei Jahren hat der DAX die Aktienmärkte Italiens, Spaniens, Frankreichs und Portugals weit abgehängt. Im Vergleich zum spanischen IBEX-35 beispielsweise ist der DAX seit Anfang 2011 um mehr als 40 Prozent besser gelaufen. Die Aussicht auf steigende Gewinne der deutschen Unternehmen trieb Investoren in deutsche Aktien. Zumal in den Randstaaten der Eurozone konjunkturelle Tristesse herrschte.
Doch das könnte sich bald ändern. Der Einkaufsmanagerindex für das spanische Dienstleistungsgewerbe lag im Februar den vierten Monat in Folge deutlich über 50, deutet also auf Wachstum hin. Das italienische Pendant überraschte im Februar mit einem Sprung auf 52,9 die Finanzmärkte, wo man mit einem erneuten Rückgang des Wachstums gerechnet hatte. In die Bondmärkte der Peripheriestaaten fließt derart viel Geld, dass die Zinsen jüngst auf mehrjährige Tiefstände gefallen sind. Die Refinanzierung der noch immer hoch verschuldeten Staaten ist also deutlich günstiger geworden.
"Der Trend ist besonders positiv in Großbritannien, Spanien und Italien, aber nicht in Deutschland", sagt Alain Bokobza von der Societe Generale. Seit dem Herbst vergangenen Jahres seien die Zuflüsse in italienische und spanische Aktien stark gestiegen. In den deutschen Aktienmarkt seien zuletzt zwar kumuliert noch 10 Milliarden US-Dollar geflossen. Von den Spitzen von 25 Milliarden Dollar von vor zwei Jahren seien die Zuflüsse aber weit entfernt. "Deutsche Aktien sind nicht mehr en vogue", schlussfolgert der Anlagestratege.
Anleger setzen auf die relative Entwicklung der Unternehmensgewinne. Und hier sind die Chancen in den Peripheriestaaten nach einer jahrelangen Durststrecke nun erheblich besser. Gewinnt die Konjunktur dort - von einem sehr niedrigen Niveau aus - tatsächlich an Fahrt, dann dürften die Gewinnsprünge entsprechend hoch sein. Und auf genau diese Karte könnten die Anleger in den kommenden Monaten verstärkt setzen. Der DAX zeigt dagegen Anzeichen der Ermüdung, die Quartalsberichte und Ausblick der Unternehmen der vergangenen Wochen konnten den Index nicht mehr befeuern.
Gegen den deutschen Aktienmarkt spricht auch der starke Euro. Dieser hat seit Anfang Februar zum US-Dollar um 4 US-Cent aufgewertet. Erstmals seit Oktober 2011 ist der Euro wieder über 1,39 Dollar gestiegen. Im Devisenhandel wird thematisiert, der Euro breche aus einem sechsjährigen Abwärtstrend zum Dollar nach oben aus. Solche Szenarien treffen den deutschen Aktienmarkt schwerer als andere europäische Indizes. Denn DAX und MDAX sind ausgesprochen exportlastig, während die Unternehmen in den Peripherieländern stärker von der Binnennachfrage abhängen.
Die Ergebnisse der Unternehmen in der kommenden Woche werden den Aktienmärkten voraussichtlich keinen Impuls mehr geben. Denn die Saison der Quartals- und Jahresberichte geht nun schon in die achte Woche. Zwar stehen noch die Zahlen von E.ON, K+S, der Lufthansa und der Deutschen Post auf der Agenda. Diese werden möglicherweise die Kurse der Unternehmen bewegen, den DAX aber wohl nicht mehr zum Angriff auf die 10.000er Marke animieren.
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March 07, 2014 07:28 ET (12:28 GMT)
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