Von Heide Oberhauser-Aslan und Klaus Brune
Beim Gesundheitskonzern Fresenius ist der Akquisitionshunger noch nicht gestillt. "Gute Gelegenheiten muss man dann wahrnehmen, wenn sie sich bieten", sagte Vorstandschef Ulf M. Schneider im Interview mit dem Wall Street Journal Deutschland. Die an den Finanzmärkten aufgekommene Enttäuschung über die Ziele für dieses Jahr kann Schneider nicht ganz nachvollziehen. "Wir peilen auch in diesem Jahr ein weiteres Rekordjahr an." Und mit den Mittelfristzielen für 2017 zeige der Konzern, "dass wir weiter an ein stürmisches Wachstum glauben."
Fresenius hat sich ein mittelfristiges Umsatzziel von rund 30 Milliarden Euro gesetzt und will bis 2017 ein Konzernergebnis von 1,4 bis 1,5 Milliarden Euro erreichen. Zuletzt erlösten die Bad Homburger 20,33 Milliarden Euro und erzielten ein Konzernergebnis von 1,05 Milliarden Euro.
Diese Ziele unterstellten im Schnitt ein jährliches Umsatzwachstum von 9 bis 10 Prozent, rechnete Schneider vor. Dazu sollen die bestehenden Konzernteile in ihrer jetzigen Form 5 bis 7 Prozent beitragen, "den Rest werden kleine und mittlere Zukäufe beisteuern."
Dabei sieht Schneider noch bei allen vier Sparten von Fresenius Chancen, auch durch Zukäufe zu wachsen. Sollte Fresenius ein umsatzstarkes Unternehmen mit einem Kaufpreis in Milliardenhöhe übernehmen, werde der Gesundheitskonzern seine Mittelfristziele entsprechend anpassen: "Wir kaufen uns nicht unsere Wachstumsziele," sagte Schneider.
Im Notfall könne Fresenius auch mehrere Übernahmen gleichzeitig stemmen. "Das heißt aber nicht, dass man sich das wünscht", meinte er. Im Augenblick stecke Fresenius mitten in der Integration der fast 40 Krankenhäuser aus dem Rhön-Klinikenverbund. "Da stehen wir zunächst einmal im Wort gegenüber dem Kapitalmarkt, dass diese 3 Milliarden Euro vernünftig investiertes Kapital sind und die Kliniken bei uns gut und solide integriert werden", sagte er. Im Februar hatte das Bundeskartellamt den Bad Homburgern erlaubt, 38 Kliniken und elf medizinische Versorgungszentren von Rhön Klinikum zu übernehmen.
Zu einem möglichen Interesse an der schwedischen Dialysefirma Diaverum und der Danone-Sparte Nutricia wollte sich Schneider, der seit mehr als zehn Jahren an der Spitze von Fresenius steht, nicht äußern. "Über einzelne Firmen möchte ich nicht sprechen", sagte er. Grundsätzlich gelte aber, dass sich Fresenius "attraktive" Expansionsmöglichkeiten immer anschaue. Die Bad Homburger gelten nach Angaben von informierten Personen zusammen mit dem Schweizer Lebensmittelgiganten Nestle als ernsthafte Interessenten für das Danone-Geschäft mit medizinischer Ernährung. Allerdings hat Danone den Bereich, der Analysten zufolge mehr als 3 Milliarden Euro einbringen könnte, noch nicht offiziell zum Verkauf gestellt.
Fresenius befinde sich dabei in der angenehmen Situation, nicht mehr zukaufen zu müssen, um eine strategische Lücke zu schließen. Das Unternehmen sei daher heute in seinem Akquisitionsverhalten selektiver und könne entspannter an Zukäufe herangehen. "Wenn wir uns verstärken können, ist das gut und schön und sollte sich finanziell kurz- und mittelfristig auszahlen ", erklärte der Manager.
Finanziell sieht sich der Konzern für weitere Zukäufe gerüstet. Nach dem im ersten Quartal erfolgten Closing der Rhön-Häuser komme Fresenius beim Verschuldungsgrad, den Fresenius als Nettoverschuldung im Verhältnis zum operativen EBITDA errechnet, auf einen geschätzten Stand von 3,1 bis 3,2 per Ende März. Der historische Höchststand der Verschuldung habe 2008 nach dem Zukauf des US-Generikaspezialisten APP Pharmaceuticals bei 3,7 gelegen. "Neben möglichen Ergebnisbeiträgen einer Zielfirma hätten wir bei einem EBITDA von rund 4 Milliarden Euro also noch eine Verschuldungskapazität von 2 Milliarden Euro zur Verfügung, ohne den historischen Höchststand zu überschreiten", meinte er.
(Das vollständige Interview im Wortlaut finden Sie hier: http://www.wsj.de/article/SB10001424052702303663604579502910469317886.html)
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April 15, 2014 05:23 ET (09:23 GMT)
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