Mit einem Minimalkompromiss haben Deutschland und neun weitere EU-Staaten die Grundlage für eine gemeinsame Finanzsteuer gelegt. Die Abgabe soll von 2016 an erhoben werden, belastet werden zunächst Geschäfte mit Aktien und einigen Derivaten. Das sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Dienstag in Brüssel.
"Das ist wieder ein Schritt vorwärts", resümierte Schäuble. "Wir müssen irgendwie anfangen." Er räumte ein, dass der Weg der sogenannten verstärkten Zusammenarbeit einer Gruppe von EU-Staaten nicht der optimale Weg sei. Eine solche Kooperation ist in den EU-Verträgen vorgesehen, de facto aber selten.
Die gesetzlichen Grundlagen für die Abgabe sollen bis zum Jahresende geschaffen werden. Welche Derivate besteuert werden, ist bisher offen. Derivate sind Finanzinstrumente, deren Kurs sich aus anderen Werten wie Aktien oder Währungen ableitet. Die spekulativen Anlageprodukte waren im Zuge der Finanzkrise in die Kritik geraten.
Mit der sogenannten Finanztransaktionsteuer wollen die teilnehmenden EU-Staaten Spekulationen eindämmen und den Finanzsektor an den Kosten der Krise beteiligen. Bei einer vollständigen Umsetzung könnte die Steuer jährlich bis zu 34 Milliarden Euro in die Kassen der beteiligten Länder spülen, davon 12 Milliarden Euro in Deutschland.
Eine EU-weite Einführung war unter anderem am hartnäckigen Widerstand Großbritanniens gescheitert. Auch Schweden bleibt außen vor. Finanzminister Anders Borg bezeichnete die Steuer als ineffizient und teuer: "Sie hat einen schädlichen Effekt auf die Finanzierung von Investments und auch auf die Zinssätze in Europa."
"Unser Engagement zur Einführung einer Finanztransaktionsteuer bleibt stark", schrieben dagegen die beteiligten Staaten in einer Erklärung. Ursprünglich wollte auch Slowenien mitziehen. Wegen des Rücktritts von Regierungschefin Alenka Bratusek konnte der slowenische Ressortchef die Erklärung aber nicht mittragen. Teilnehmer sind außer Deutschland Österreich, Belgien, Estland, Frankreich, Griechenland, Italien, Portugal, die Slowakei und Spanien.
Der österreichische Ressortchef Michael Spindelegger sagte: "Mir ist voll und ganz bewusst, es gibt einen ordentlichen Widerstand von Ländern wie Großbritannien, Schweden, die das absolut nicht haben wollen."
Der Wiener Minister fügte hinzu: "Ich bin überzeugt davon, wenn sie einmal eingeführt ist, wird es in den Bevölkerungen dieser Länder, die sich so dagegen wehren, auch einen starken Druck auf ihre Regierungen geben, es ebenso zu tun." Spindelegger ist der Wortführer der Staatengruppe, die mit der Finanzsteuer vorangehen will./cb/poi/DP/jsl
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