Von Andreas Kißler
CAIRNS--Die 20 führenden Industrie- und Schwellenländer der Welt (G20) haben erste Maßnahmen gebilligt, um schädlichen Steuerpraktiken von Großkonzernen künftig einen Riegel vorzuschieben. Für internationale Großkonzerne soll es schwerer werden, ihre Steuerlast durch Vermeidungsstrategien und Gewinnverlagerungen klein zu rechnen.
Die Finanzminister der G20 stimmten am Sonntag bei ihrem Treffen im australischen Cairns entsprechenden Vorschlägen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zu, wurde aus Delegationskreisen mitgeteilt.
Die G20 und die OECD haben einen Aktionsplan mit 15 Maßnahmen zur Bekämpfung des "Base Erosion and Profit Shifting" (Beps) definiert - des Aushöhlens der steuerlichen Bemessungsgrundlage und der Gewinnverlagerung von Unternehmen. In Cairns wurden sieben Punkte diskutiert, die die Experten der OECD ausgearbeitet haben.
Es gehe um Beträge über rund zwei Billionen US-Dollar, die die Großkonzerne weltweit in Steueroasen und Niedrigsteuerländer verschöben, betonte OECD-Generalsekretär Angel Gurría in Cairns. "Wir glauben, dies ist sicher der prominenteste Schritt für eine Modernisierung des internationalen Steuersystems seit 100 Jahren," sagte der Mexikaner bei der Tagung in Cairns, bei der er Australiens Schatzkanzler Joe Hockey die ersten Vorschläge seiner Organisation zum Schließen der Steuerschlupflöcher überreichte.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte bereits bei seiner Anreise in die nordaustralische Stadt betont, die G20 hätten im Moment "die größten Fortschritte auf dem Gebiet der Steuerinitiativen" zu verzeichnen.
Schäuble ärgert sich ebenso wie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bereits seit langem darüber, dass multinationale Unternehmen in Deutschland gute Geschäfte machen, ihre Gewinne aber mit Steuertricks minimieren. Die Konzerne bringen den Fiskus so um viele Steuereinnahmen, mit denen der Staat mehr investieren oder auch zum Beispiel die Steuersätze für alle Unternehmen bei einer verbreiterten Bemessungsgrundlage senken könnte.
Ziel des Maßnahmenbündels ist es, dass die Konzerne künftig ihre Einnahmen auch dort angemessen versteuern, wo sie ihre Geschäfte machen. Schon Ende kommenden Jahres soll das Gesamtpaket aus 15 Aktionspunkten stehen. Die Beschlüsse sollen dann in ein multilaterales Abkommen münden. Bis dahin ist aber noch viel Arbeit an Details nötig, über die zum Teil noch keine Einigung herrscht.
Zu den Aufgabenfeldern zählen die Besteuerung der digitalen Wirtschaft sowie die Verhinderung einer "doppelten Nichtbesteuerung" bei hybriden Gestaltungen, mit denen die Konzerne Unterschiede in der steuerlichen Behandlung zwischen Ländern ausnutzen.
Umstritten ist noch, wie künftig mit so genannten Lizenz- und Patentboxen umgegangen werden soll. Mit deren Hilfe werden Teile von Unternehmensgewinnen niedriger besteuert, wenn sie aus innovativer Unternehmenstätigkeit wie Forschung und Entwicklung stammen. Damit locken zahlreiche Staaten Gewinne an. Deutschland drängt darauf, solche Sondersteuern nur zu erlauben, wenn die Forschungsleistung auch tatsächlich in dem betreffenden Land erbracht wurde. Andere Länder sperren sich noch dagegen, besonders Großbritannien.
Im Mittelpunkt der Tagung in Cairns, an der auch die Notenbankgouverneure der G-20 teilnahmen, stand vor dem Hintergrund einer weltweiten Konjunkturabkühlung auch die Frage, wie das Wachstum angekurbelt werden kann. Schäuble weist Forderungen nach Ausgabenprogrammen zurück, während zum Beispiel die USA von Ländern mit hohen Exportüberschüssen wie Deutschland stärkere Wachstumsimpulse verlangen.
Die G20 bestätigten in Australien aber das Ziel, mit Strukturmaßnahmen zwei Prozentpunkte zusätzliches Wachstum bis zum Jahr 2018 zu erreichen. Dazu gibt es inzwischen rund 950 Initiativen der einzelnen Länder. Außerdem ging es bei dem Finanzministertreffen um die Regulierung von Schattenbanken.
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September 20, 2014 22:10 ET (02:10 GMT)
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