Nach RWE geht nun auch E.ON im Streit um die vorübergehende Stilllegung von Atomkraftwerken gegen Bund und Länder vor. Der Energiekonzern verklagt den Bund sowie Bayern und Niedersachsen auf Schadenersatz in Höhe von etwa 380 Millionen Euro, wie ein E.ON-Sprecher sagte. Hintergrund der Klage sei die dreimonatige Stilllegung der Kraftwerke Isar 1 und Unterweser Anfang 2011. Die Klage wurde beim Landgericht Hannover eingereicht.
Im August hatte bereits RWE den Bund und das Land Hessen wegen des Atommoratoriums vom März 2011 auf Schadenersatz verklagt. Zur Schadenhöhe wollte eine RWE-Sprecherin am Mittwoch keine Angaben machen. Nach dem verheerenden Unglück in Fukushima wurden damals in Deutschland die sieben ältesten Atomkraftwerke vorübergehend für drei Monate vom Netz genommen.
Weitere Ärger droht einigen Bundesländern zudem beim Thema Zwischenlagerung von Atommüll. Die beiden Energiekonzerne kündigten am Mittwoch auch Klagen gegen die Übernahme von Mehrkosten für eine standortnahe Zwischenlagerung an. Es gebe keinen sachlich gerechtfertigten Grund, der gegen eine Lagerung in Gorleben spreche, sagte ein E.ON-Sprecher. Da die alternative Zwischenlagerung ausschließlich politisch motiviert sei, müssten die dadurch verursachten Kosten komplett vom Staat übernommen werden. Eine RWE-Sprecherin sagte, dass der Konzern "sehr wahrscheinlich" ebenfalls Klage einreichen werde.
Die Bundesregierung reagierte verärgert auf das Vorgehen der Energiekonzerne. Eine Sprecherin des Umweltministeriums pochte während einer Pressekonferenz darauf, dass die Versorger als Verursacher zahlen müssten - und äußerte deutliche Kritik an deren Verhalten.
"Was die Klage zu der vorübergehenden Stilllegung der Atomkraftwerke angeht, kann ich sagen, dass der Bund im Verhältnis zu E.ON keinerlei rechtlich relevante Handlungen vorgenommen hat", betonte Sprecherin Frauke Stamer. "Für uns gilt das Verursacherprinzip, das heißt die Energieversorgungsunternehmen sind als Verursacher dafür zuständig, die Kosten für die Entsorgung der radioaktivem Abfälle zu übernehmen." Derzeit lägen dem Ministerium allerdings noch keine Klageschriften vor.
Mit Blick auf die Klage wegen der Zwischenlagerung zeigte sich die Sprecherin deutlich verärgert. "Was die andere Klage angeht, so nehmen wir das mit großer Verwunderung und auch Bedauern zur Kenntnis, dass der große gesellschaftliche Konsens zum Atomausstieg bei den Energieunternehmen offenbar noch nicht angekommen ist", sagte Stamer. Dort scheine "immer noch die Auffassung vorhanden zu sein, dass eine juristische Konfrontation Erfolg versprechender ist als eine sachdienliche Zusammenarbeit", bemängelte sie. "Trotz dieser Fehleinschätzung sehen wir auch dieser Klage mit großer Gelassenheit entgegen."
Mitarbeit: Andreas Kissler
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October 01, 2014 11:15 ET (15:15 GMT)
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