
Von Andreas Kißler
BERLIN--Der Bundestag befasst sich derzeit mit einer ganzen Reihe von Gesetzen zur Umsetzung der geplanten europäischen Bankenunion. Um sich Klarheit über die Details zu verschaffen, haben sich die Finanz- und Haushaltspolitiker Experten zu mehrstündigen Anhörungen ins Parlament geladen. Während das geplante Maßnahmenpaket zur Bankenrekapitalisierung bei dem Hearing des Haushaltsausschusses weitgehend die Zustimmung der Experten fand, kochten im Finanzausschuss erneut Bedenken der Bundesbank hoch.
In der dortigen Anhörung bemängelte ein Vertreter der Bundesbank laut Bundestags-Pressedienst, mit den geplanten Gesetzesänderungen werde die Europäische Zentralbank (EZB) nur noch durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) unterstützt und nicht mehr durch die Bundesbank. Die Bundesbank brauche aber den direkten Zugang zur EZB.
Bundesbank und BaFin teilen sich die Aufgaben der Bankenaufsicht in Deutschland. Jetzt aber entzündet sich die Kritik der Bundesbank daran, dass die BaFin durch das geplante Gesetz zur direkten Ansprechpartnerin der EZB werden soll, wenn diese die Aufsicht über die europäischen Großbanken übernimmt. Die Regelungen über die konkrete Ausgestaltung der Zusammenarbeit von Bundesbank und BaFin sei "anpassungsbedürftig", erklärte die Notenbank deshalb in ihrer Stellungnahme für die Anhörung.
"Die maßgebliche Rolle der Deutschen Bundesbank in der laufenden Überwachung sollte gerade mit Bezug auf die signifikanten, künftig von der EZB zu überwachenden Institute, erhalten bleiben." Die Notenbank warnte, die bisher geplante Regelung "würde die Rolle der Bundesbank stark schwächen".
Doch die BaFin konterte die Kritik, und auch die deutsche Kreditwirtschaft sprach sich für eine Konzentration von Aufgaben bei der Behörde aus. Die BaFin betonte, das Letztentscheidungsrecht liege bei ihr, und folglich sei ausschließlich die Bundesanstalt von der Regierung als national zuständige Behörde gegenüber der EZB benannt und mit entsprechenden Kompetenzen ausgestattet worden. "Ein eigenes und unabhängiges Bewertungsrecht der Bundesbank gegenüber der EZB hebelt bestehende nationale Regelungen aus und steht im Widerspruch zur klaren Kompetenzverteilung im Supervisory Board", warnte die BaFin.
Die Verbände der deutschen Kreditwirtschaft sprachen sich sogar dafür aus, die konkreten Abwicklungsaufgaben gleich der BaFin zu übertragen und sie nicht zunächst der SoFFin-Behörde FMSA zuzuweisen. "Wir sehen keine Notwendigkeit, hier doppelt Strukturen aufzubauen", sagte Claudia Theisen-Wacket vom Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB) bei der Anhörung.
Der Bundestag debattiert in diesen Wochen mehrere Gesetze zur Umsetzung der Bankenunion. Neben der Bankenabwicklung geht es dabei auch um eine Ausweitung der Aufgaben des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM). Geplant ist, dass der Euro-Rettungsschirm auch zur direkten Bankenrekapitalisierung beitragen kann, sobald die einheitliche Bankenaufsicht steht. Solche Hilfen sollen auf 60 Milliarden Euro begrenzt sein.
ESM-Chef Klaus Regling sagte bei der Anhörung im Haushaltsausschuss allerdings keine starke Nutzung des Instruments voraus. "In der Realität wird das sicherlich überhaupt nicht ausgeschöpft werden, diese 60 Milliarden", erklärte er.
Allgemein wurde in der Anhörung laut "heute im bundestag" deutlich, dass das geplante Maßnahmenpaket zur Bankenrekapitalisierung weitgehend die Zustimmung der Sachverständigen findet.
Eine rückwirkende Rekapitalisierung von Banken erwartete Regling dabei aber genau so wenig wie die Bundesbank-Vizepräsidentin Claudia Buch. Die Rekapitalisierung dürfe "nicht zur Bewältigung von Altlasten" eingesetzt werden, mahnte Buch. "Ich sehe die nachträgliche Rekapitalisierung auch nicht", sagte Regling. Die Wahrscheinlichkeit, dass es hierzu komme, sei "sehr, sehr unwahrscheinlich".
Der ESM-Chef verteidigte zudem die Tatsache, dass bestimmte Informationen im Falle einer Bankenabwicklung nur einem kleinen Kreis von Abgeordneten und nicht dem gesamten Plenum bereitgestellt werden sollten. "Bei der Abwicklung können marktsensible Daten betroffen sein", betonte er. "Das kann man dann wirklich nur im kleinen Kreis besprechen, und nicht im gesamten Plenum." Aus dem Bundestag ist daran allerdings Kritik geübt worden. Sie könnte dazu führen, dass die entsprechende Regelung vor dem Bundesverfassungsgericht landet.
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October 06, 2014 13:55 ET (17:55 GMT)
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