
Die Energieerzeugung in Deutschland ist laut einer Studie so schädlich für Klima, Gesundheit und Bodennutzung wie in keinem anderen EU-Staat. Die Negativfolgen werden für das Jahr 2012 auf etwa 42 Milliarden Euro geschätzt, wie aus einer Studie im Auftrag der EU-Kommission hervorgeht. Das noch nicht publizierte Papier liegt dem Informationsdienst dpa Insight EU seit Freitag vor. Der Wert für Deutschland ist deutlich höher als für Großbritannien (etwa 27 Milliarden Euro) oder Polen (18). Hauptgrund für den Negativ-Spitzenplatz ist der hohe Anteil der klimaschädlichen Kohlekraft im deutschen Energiemix (knapp 45 Prozent).
Die Studie stellt die Kohlekraft in einem durchgängig schlechten Licht dar. Dieser Energieträger zieht laut Papier mit großem Abstand die höchsten Folgekosten nach sich - pro Megawattstunde müssten bis zu 140 Euro auf die Produktionskosten und Subventionen draufgerechnet werden, um die tatsächlichen Gesamtkosten der Energie zu ermitteln. Im Bereich Gas liegt der Maximal-Schätzwert an Extrakosten nur bei etwa 60 Euro pro Megawattstunde, die Werte zur Biomasse (25) und Atomkraft (20) liegen niedriger. Windkraft tendiert gegen null.
Als Folgekosten - im Papier externe Kosten genannt - gelten beispielsweise erwartbare Schäden durch den Klimawandel, Flächenschwund durch Kraftwerksanlagen und Belastungen für das Gesundheitssystem, etwa zur Behandlung von Asthma oder Krebs. Auch der höhere Aufwand für die zukünftig schwierigere Energieförderung wird einbezogen, etwa wenn sich Vorkommen erschöpfen und man in schwer zugängliche Regionen oder Tiefen vordringen muss.
Bei den Gesamtkosten - also für Produktion und die Folgen sowie inklusive Subventionen - streiten sich Kohle- und Solarkraft um den Titel des teuersten Energieträgers. Photovoltaik ist massiv subventioniert, die Hälfte ihrer Gesamtkosten von etwa 220 Euro pro Megawattstunde entfällt auf staatliche Hilfen. Bei den Gesamtkosten für Kohlestrom halten sich die Autoren eher vage - sie schätzen die Kosten auf cirka 160 bis 230 Euro pro Megawattstunde ein. Nuklearstrom (135 Euro pro Megawattstunde) und Onshore-Windkraft (110) sind deutlich billiger zu haben.
Der Auftrag für die Studie kam aus dem Ressort von EU-Energiekommissar Günther Oettinger. Die Publikation wird seit längerem erwartet. Wie aus EU-Kreisen verlautete, war sich die EU-Kommission intern uneins über die Bewertung der Ergebnisse - Schätzungen zu den Folgekosten und zu Subventionen für die ganze EU gelten als schwierig. Dem Vernehmen nach will Oettinger das Papier noch unbedingt bis zu seinem Wechsel ins Digitalressort der Behörde - wahrscheinlich am 1. November - vorstellen. Der Deutsche pocht generell auf mehr Transparenz im Energiebereich./wdw/DP/mmb
AXC0153 2014-10-10/16:12