
Von Herbert Rude
Mit den kursierenden Ängsten vor einem Konjunktureinbruch hat sich der Kursabschwung in Europa zum Wochenausklang beschleunigt. Der DAX brach um 2,4 Prozent auf 8.789 Punkte ein und schloss mehr als 100 Punkte unter dem bisherigen Jahrestief vom 8. August. Der Euro-Stoxx-50 fiel um 1,7 Prozent auf 2.992 Punkte, damit hat er die Tiefs vom Februar bisher nicht unterschritten.
"Am brisantesten ist die Lage im DAX", sagte ein Händler. In Deutschland hatten sich die Konjunkturdaten zuletzt besonders schnell verschlechtert. "Der Vertrauensschock der russischen Aggression in der Ostukraine hat Deutschland besonders hart getroffen", sagt Analyst Robert Wood von der Berenberg-Bank.
Besonders die charttechnische Situation ist nun laut Marktteilnehmern fatal: Mit dem Fall auf das neue Jahrestief arbeite der DAX nun am Abschluss einer großen Umkehrformation, deren Ziel technische Analysten im Bereich um 8.000 Punkte sehen. Damit könnte nun eine längere Gegenbewegung auf die Hausse der vergangenen fünf Jahre anstehen.
Das bisherige Jahrestief vom 8. August bei 8.903 Punkten wird nun als Dreh- und Angelpunkt für die weitere Entwicklung gesehen. Darüber dürfte sich die Lage erst einmal wieder entspannen, hieß es. Darunter bleibe die Tür für weitere Kursverluste offen, besonders wenn der DAX unter das neue Tief fallen sollte. Schmiere der DAX unter diese Marke ab, gebe es keine nennenswerte Unterstützung mehr bis zum ehemaligen Höchststand bei 8.150 Punkten, meinte Marktanalyst Marcel Mußler. Von antizyklischen Käufen riet er deshalb ab. Wegen der hohen Volatilität, also Anfälligkeit für Schwankungen, sollten Anleger nicht "ins fallende Messer greifen".
Die Sorgen um die globale Wirtschaft schlugen auch auf den Ölpreis durch: Der Preis für ein Barrel der Nordseesorte Brent fiel am Terminmarkt unter 90 Dollar und damit auf den tiefsten Stand seit vier Jahren. Mit dem schwächeren globalen Wirtschaftswachstum sinkt die Nachfrage nach dem Energieträger. Die rohstoffnahen Aktien stellten daher wie vom Handel erwartet die Hauptverlierer. Ihre hohe Gewichtung in Europas Stoxx-Indizes drückte daher auch die Börsenbarometer. Der Sektor der Rohstoffwerte brach um 2,6 Prozent ein, der Index der Öl- und Gastitel um 3,0 Prozent. Ähnlich stark nach unten ging es mit den konjunkturabhängigen Automobil- und Bauwerten.
Die Hoffnung, dass die Notenbanken alles richten werden und die Wirtschaft in Schwung bringen, dieses Mantra greift momentan nicht mehr an den Börsen. Vielmehr schauen die Investoren auf die Fakten. Und diese belegen, dass vor allem in Europa und hier besonders in Deutschland die jüngsten Wachstumsraten enttäuschten. Am Rande der Herbsttagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank warnte IWF-Chefin Christine Lagarde vor einem Rückfall der Eurozone in die Rezession und forderte mehr staatliche Investitionen.
Sorgen bereitet Anlegern auch das so genannte "Angstbarometer" in den USA, der Volatilitätsindex VIX. Dieser sprang am Donnerstag um 24 Prozent in die Höhe und schloss bei 18,76 Prozentpunkten, dem höchsten Stand seit Februar. Damit handelte der Index rund 70 Prozent über seinem Tief in diesem Jahr.
Viele große Fondsgesellschaften wie Pimco hatten allerdings genau auf gegenteilige Strategien aufgesetzt, nämlich eine niedrige Volatilität. Mit den Prämieneinnahmen wollten sie die Performance ihrer Aktienanlagen aufbessern. Spannend wird nun, ob diese Marktteilnehmer in großem Umfang ihre Positionen anpassen müssen. Das würde bedeuten, dass vom Terminmarkt zusätzlicher Abgabedruck an die Börsen kommt.
Chip-Aktien litten unter einer Umsatzwarnung von Microchip Technologies in den USA. Verlierer Nummer eins im DAX waren im Sog des US-Konkurrenten die Titel von Infineon mit einem Minus von 6,8 Prozent. Im MDAX brachen Osram über 6 Prozent ein, im TecDAX führten Gewinnmitnahmen bei Nordex und LPKF Laser zu Abschlägen von jeweils mehr als 9 Prozent.
=== Index Schluss- Entwicklung Entwicklung Entwicklung stand absolut in % seit Jahresbeginn Euro-Stoxx-50 2.991,50 -50,95 -1,7% -3,8% Stoxx-50 2.884,42 -44,82 -1,5% -1,2% Stoxx-600 321,62 -5,05 -1,5% -2,0% XETRA-DAX 8.788,81 -216,21 -2,4% -8,0% FTSE-100 London 6.339,97 -91,88 -1,4% -6,1% CAC-40 Paris 4.073,71 -67,74 -1,6% -5,2% AEX Amsterdam 395,68 -6,98 -1,7% -1,5% ATHEX-20 Athen 326,86 -7,11 -2,1% -15,1% BEL-20 Brüssel 3.041,99 -50,72 -1,6% +4,0% BUX Budapest 17.701,05 -124,10 -0,7% -4,6% OMXH-25 Helsinki 2.762,23 -45,50 -1,6% -2,6% ISE NAT. 30 Istanbul 89.675,71 -2272,92 -2,5% +8,8% OMXC-20 Kopenhagen 703,44 -14,28 -2,0% +14,3% PSI 20 Lissabon 5.277,50 -55,94 -1,1% -20,4% IBEX-35 Madrid 10.150,50 -123,20 -1,2% +2,4% FTSE-MIB Mailand 19.200,97 -181,52 -0,9% +1,2% RTS Moskau 1.064,29 -24,51 -2,3% -26,2% OBX Oslo 505,03 -9,76 -1,9% +0,3% PX Prag 951,60 -10,29 -1,1% -3,8% OMXS-30 Stockholm 1.302,34 -19,96 -1,5% -2,3% WIG-20 Warschau 2.392,62 -32,33 -1,3% -0,3% ATX Wien 2.078,98 -35,60 -1,7% -18,4% SMI Zürich 8.374,59 -108,31 -1,3% +2,1% DEVISEN zuletzt +/- % Fr, 8.19 Uhr Do, 17.13 Uhr EUR/USD 1,2635 -0,50% 1,2698 1,2694 EUR/JPY 136,30 -0,44% 136,90 137,20 EUR/CHF 1,2094 -0,10% 1,2107 1,2106 USD/JPY 107,88 0,05% 107,82 108,12 GBP/USD 1,6053 -0,44% 1,6124 1,6143 ===
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October 10, 2014 12:13 ET (16:13 GMT)
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