
Von Hans Bentzien
Steigende Umsatzenditen, immer mehr Eigenkapital und höhere Beschäftigung - Deutschlands Mittelstand geht es prima. Und das, obwohl er seit Jahren wenig investiert. Die Frage ist nur: Wie lange noch? Die Förderbank KfW hat gerade ihr Mittelstandspanel 2014 veröffentlicht. Sie ist beunruhigt, weil die Exporte forschungsintensiver Mittelständler im vergangenen Jahr um 5 Prozent gesunken sind. Das ist schlecht für die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands.
KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner stellt seine Bestandsaufnahme des deutschen Mittelstands unter die Überschrift "Polster bilden und Abwarten". Mit Polster bilden meint er: "Der Mittelstand konnte seine Profitabilität trotz eines nur schwachen Wirtschaftswachstums halten oder sogar ausbauen." Der Umsatz nahm 2013 um 1,9 Prozent zu und die Umsatzrendite um 0,7 Prozentpunkte auf 6,7 Prozent. Allerdings wird dieses Geld nicht investiert, sondern bleibt in den Unternehmen. "Die Eigenkapitalquote steigt um 1,2 Prozentpunkte auf 28,6 Prozent", rechnete Zeuner vor.
Und das hat unmittelbar mit dem Punkt "Abwarten" zu tun. Der Umsatz der Mittelständler wächst weniger stark als die gesamte Wirtschaft. Und deshalb sparen sie, anstatt zu investieren, obwohl das Geld kaum noch Zinsen mehr abwirft. "Die Unternehmen machen ihre Investitionen von den Geschäftsaussichten abhängig, und die wurden noch mal nach unten korrigiert", konstatierte Zeuner. Daran könne auch der einfache Kreditzugang nichts ändern.
Zwar sind Investitionen abzüglich Abschreibungen noch positiv - im Gegensatz zur Gesamtwirtschaft zehrt der Mittelstand nicht seine Substanz auf -, doch sanken die Bruttoanlageinvestitionen 2013 um 0,7 Prozent. Dabei spielen Ersatzinvestitionen, die um 5 Prozent zunahmen, eine immer stärkere Rolle. Dagegen nahmen die Erweiterungsinvestitionen um 4 Prozent ab.
Die Unternehmen haben ihre Investitionsplanungen für 2014 laut KfW gegenüber den ursprünglichen Planungen um 41 Milliarden Euro nach unten korrigiert. "Das ist schon viel", sagte Zeuner. Die Hauptrolle spielte dabei vor allem die konjunkturelle Schwäche Europas, die mit sinkenden Absätzen und Absatzpreisen einher geht.
Zeuner wies darauf hin, dass Umsätze der Mittelständler in Europa im vergangenen Jahr um 27 Milliarden Euro zurückgegangen sind. Die traditionell in Forschung und Entwicklung starken Mittelständler des verarbeitenden Gewerbes waren 2013 deutlich weniger im Ausland aktiv als früher. Das Außenhandelsvolumen in diesem Bereich ging 2013 um 14 Prozent zurück. Speziell diese Unternehmen seien aber für die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands aber von besonderer Bedeutung, merkte die KfW an.
Umso positiver, dass der Mittelstand seine Beschäftigtenzahl im vergangenen Jahr noch einmal um 522.000 erhöht hat. Da die Beschäftigung in der Gesamtwirtschaft nur um 226.00 zunahm, heißt das: Großunternehmen und öffentliche Hand haben Beschäftigung angebaut.
Die Auswirkungen der Ukraine-Krise für die Investitionsbereitschaft betrachtet die KfW als begrenzt, aber nicht zu vernachlässigen. Jeder zweite Mittelständler im verarbeitenden Gewerbe sieht seine Wertschöpfungskette durch diesen Konflikt betroffen, 20 Prozent aller Mittelständler bemerken eine Stimmungseintrübung. "Die Unsicherheit bleibt hoch", faste KfW-Chefvolkswirt Zeuner zusammen.
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October 21, 2014 07:42 ET (11:42 GMT)
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