
Von Hans Bentzien
Die Kreditwürdigkeit der Länder der Eurozone hängt nach Aussage der Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) maßgeblich vom Reformwillen ihrer Regierungen ab. In einer Presseerklärung weist S&P darauf hin, dass die Bemühungen der Europäischen Zentralbank (EZB) zur Bewahrung des Euro offenbar einige Regierungen davon abgehalten hätten, wichtige Strukturreformen einzuleiten. Die Reaktion der Regierungen auf die neuerliche Verlangsamung des Wirtschaftswachstums werde für die Wachstumsaussichten des Euroraums und die Entwicklung der Ratings entscheidend sein.
Derzeit halte laut S&P negative und positive Ausblicke von Länderratings einander die Waage. Allerdings stünden die positiven Ausblicke für nur 3 Prozent der aggregierten Wirtschaftsleistung des Euroraums, die negativen aber für 40 Prozent. Erst jüngst hatte S&P Frankreichs AA-Rating auf die Prüfliste gesetzt und Finnland auf AA+ herabgestuft. Seit dem verfügen nur noch Deutschland und Luxemburg über das Spitzenrating AAA. "Es wird einsam an der Spitze", konstatierte Kreditanalyst Moritz Krämer.
Krämer sieht die Gefahr, dass sich einige Euro-Länder - Namen nennt er nicht - wie schon nach dem OMT-Versprechen von EZB-Präsident Mario Draghi 2012 auch jetzt wieder auf die Hilfe der EZB verlassen könnten, wenn es darum geht, die aktuelle Wirtschaftsschwäche abzuwettern. Eine Stabilisierung des makroökonomischen Umfelds und eine wachstumsfreundliche Geld- und Finanzpolitik könnten aber bestenfalls ein Zeitfenster für Reformen bieten, die die eigentliche Basis dauerhaften Wachstums und Wohlstands seien.
Worum es eigentlich gehe, sei der Abbau privater und öffentlicher Verschuldung. Ehe diese Verschuldung nicht auf ein tragbares Maß gesunken sei, würden sich Nachfrage und Wachstum erholen. "Wir glauben, dass die künftige Entwicklung der Ratings ebenso wie die Wachstumsaussichten der Eurozone maßgeblich von den Reaktionen der Regierungen abhängen werden", mahnte Krämer.
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October 23, 2014 03:01 ET (07:01 GMT)
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