
Von Manuel Priego Thimmel
Die herausragende Bedeutung der USA für die internationalen Finanzmärkte ist am Donnerstag einmal mehr bestätigt worden. Nachdem Deflationsängste die europäischen Börsen am Mittag noch unter starken Abgabedruck gesetzt hatten, leiteten positive US-Konjunkturdaten eine markante Erholung ein. Die dortige Wirtschaft ist im dritten Quartal um annualisiert 3,5 statt der erwarteten 3,1 Prozent gewachsen. Die Deutsche Bank schloss nicht aus, dass das Wachstum in den noch ausstehenden Lesungen in Richtung 4 Prozent nach oben angepasst wird.
Der DAX gewann 0,4 Prozent auf 9.115 Punkte - im Tagestief hatte der Index bei 8.900 notiert. Für den Euro-Stoxx-50 ging es 0,4 Prozent auf 3.036 Zähler nach oben. Die deutschen Verbraucherpreise waren im Oktober gegenüber dem Vormonat um 0,3 Prozent gefallen und damit viel stärker als die erwarteten 0,1 Prozent. Zuvor hatten rückläufige Länderdaten bereits die Deflationsängste unter Anlegern ausgelöst. Die schwachen Preisdaten sprachen für eine nur schwache Entwicklung der Wirtschaft in der Eurozone. Dadurch erhöhte sich der Druck auf die EZB, die Geldpolitik weiter zu lockern.
Die US-Notenbank will dagegen offenbar an ihrem Normalisierungsplan festhalten. Nach den jüngsten Verwerfungen an den Finanzmärkten hatten Börsianer auf eine "taubenhafte" Fed-Sitzung gesetzt. Dann kam es am Mittwochabend aber anders. Die Notenbanker wollen die Leitzinsen von der weiteren Entwicklung der Wirtschaftsdaten abhängig machen. Und da schlug die Fed leicht optimistischere Töne an, merkte die Commerzbank an. Der Auslastungsgrad am Arbeitsmarkt sei auf dem Weg der Besserung. Die besseren US-BIP-Daten passten ebenfalls in dieses Bild.
Wie Jim Reid von der Deutschen Bank anmerkte, wären diese Fed-Kommentare noch vor zwei Wochen - also zu Hochzeiten der jüngsten Kursschwankungen - undenkbar gewesen. Die US-Notenbank scheine das nötige Vertrauen zu haben, um den Finanzmärkten Liquidität entziehen zu können. Zugleich warnte der Stratege vor einer anhaltend hohen Schwankungsanfälligkeit der Märkte. Klarer Gewinner der Fed-Sitzung war der Dollar. Der Euro gab am Donnerstag zwar nur noch leicht auf 1,2620 Dollar nach, hatte aber bereits am Vortag einen US-Cent verloren.
In der laufenden Berichtssaison sorgte Linde mit einer Gewinnwarnung für eine der großen Überraschungen. Die Aktie verlor 2,8 Prozent. Dabei wurde die einmalige Abschreibung von Anlegern als weniger schlimm empfunden als die gesenkten Mittelfristziele bis 2017. "Das sind rund 10 Prozent Senkung der Spanne, das ist zu viel", sagte ein Händler. Der Industriegasekonzern erwartet nun nur noch 4,5 bis 4,7 Milliarden Euro an operativem Konzernergebnis nach zuvor 5 Milliarden Euro.
Lufthansa-Aktien erwischte es mit Abgaben von 6,6 Prozent noch heftiger. Nicht nur wartete die Fluglinie mit einer Gewinnwarnung für 2015 auf. Zugleich stellte der Konzern die Dividende für das laufende Jahr in Frage. Der besser als erwartet ausgefallene operative Gewinn im dritten Quartal spielte da keine Rolle. Cantor Fitzgerald sah keinen Wachstumstreiber für die Lufthansa-Aktie. Deutsche-Bank-Titel litten unter Anschlussverkäufen nach den schwachen Geschäftszahlen des Vortages und gaben weitere 1,4 Prozent nach.
Aber es gab auch erfreuliche Nachrichten. Nach "ausgezeichneten" Geschäftszahlen stiegen Bayer um 2,7 Prozent. Der Chemie- und Pharmakonzern hatte die Jahresprognose angehoben. Auch Volkswagen legte dank der wachsenden Kauflust der Chinesen und Verbesserungen bei der Kernmarke VW gute Quartalszahlen vor. Der Konzern steigerte seinen operativen Gewinn im zu Ende gegangenen Dreimonatszeitraum um rund 16 Prozent. Das Nettoergebnis verbesserte VW gar um fast 60 Prozent. Die VW-Aktie gewann 1,9 Prozent.
Renault-Aktien profitierten von der etwas optimistischeren Prognose für den europäischen Absatzmarkt. "Europa ist für Renault nach wie vor ein extrem wichtiger Markt, auch wenn der Fokus zuletzt auf den Emerging Markets lag", sagte ein Händler. Die Franzosen haben ihre Absatzprognose auf plus 5 von zuvor 3 bis 4 Prozent erhöht. "Die Nachfrage dürfte also in den vergangenen Wochen und Monaten gestiegen sein", schlussfolgerte der Händler. Das Renault-Papier stieg 2,9 Prozent. Der Index der europäischen Automobilbranche rückte um 0,8 Prozent vor.
Nach überraschend starken Quartalszahlen schossen Titel von Alcatel-Lucent 16,1 Prozent nach oben. "Wir sehen gute Kaufgelegenheiten dank des starken dritten Quartals, auch der Ausblick ist positiv", sagte Sébastien Sztabowicz von KeplerCheuvreux. Besonders stark sei die Bruttomarge, die im dritten Quartal mit 34,0 Prozent seine Schätzung von 32,2 Prozent klar überboten habe. In vielen Geschäftsbereichen sei die Profitabilität gestiegen.
Europäische Schlussstände von Donnerstag, den 30. Oktober 2014:
=== Index Schluss- Entwicklung Entwicklung Entwicklung stand absolut in % seit Jahresbeginn Euro-Stoxx-50 3.035,90 +13,48 +0,4% -2,4% Stoxx-50 2.939,50 +13,10 +0,4% +0,7% Stoxx-600 330,71 +1,93 +0,6% +0,7% XETRA-DAX 9.114,84 +32,03 +0,4% -4,6% FTSE-100 London 6.463,55 +9,68 +0,2% -4,2% CAC-40 Paris 4.141,24 +30,60 +0,7% -3,6% AEX Amsterdam 403,71 +2,61 +0,7% +0,5% ATHEX-20 Athen 296,32 -9,31 -3,0% -23,0% BEL-20 Brüssel 3.120,71 +3,13 +0,1% +6,7% BUX Budapest 17.146,97 +248,06 +1,5% -7,6% OMXH-25 Helsinki 2.895,06 +13,45 +0,5% +2,1% ISE NAT. 30 Istanbul 97.947,24 +261,98 +0,3% +18,8% OMXC-20 Kopenhagen 751,11 +20,10 +2,7% +22,0% PSI 20 Lissabon 5.197,31 -76,49 -1,5% -21,9% IBEX-35 Madrid 10.263,70 +15,90 +0,2% +3,5% FTSE-MIB Mailand 19.194,61 +37,20 +0,2% +1,2% RTS Moskau 1.098,68 +39,06 +3,7% -23,8% OBX Oslo 530,60 -5,24 -1,0% +5,4% PX Prag 964,88 +7,80 +0,8% -2,4% OMXS-30 Stockholm 1.397,18 +7,23 +0,5% +4,8% WIG-20 Warschau 2.441,71 -7,78 -0,3% +1,7% ATX Wien 2.192,29 +25,36 +1,2% -13,9% SMI Zürich 8.719,03 +64,56 +0,7% +6,3% DEVISEN zuletzt +/- % Do, 8.35 Uhr Mi, 17.30 Uhr EUR/USD 1,2616 0,18% 1,2594 1,2756 EUR/JPY 137,51 0,06% 137,43 137,91 EUR/CHF 1,2056 -0,07% 1,2065 1,2059 USD/JPY 108,99 -0,12% 109,12 108,12 GBP/USD 1,6023 0,26% 1,5982 1,6135 ===
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DJG/mpt/flf
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October 30, 2014 13:19 ET (17:19 GMT)
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