Von Biman Mukherji und Rhiannon Hoyle
Silber erlebt eine Art Comeback, zumindest in einigen Teilen der Welt. Die Preise für das Edelmetall sind so niedrig wie zuletzt vor viereinhalb Jahren. Das liegt daran, dass Silber für die Mehrzahl der Anleger als Wertanlage keine Rolle mehr spielt, weil sie lieber auf einen steigenden US-Dollar setzen.
In einigen abgeschotteten, aber durchaus vitalen Märkten wie Indien boomt unterdessen die Nachfrage. US-Silbermünzen verkaufen sich ebenfalls gut. Gleichzeitig legen Charttechnik und Beobachtungen von Marktteilnehmern nahe, dass dem Markt für Silber eine Wende bevorsteht.
Ashish Mundhra, Geschäftsführer des indischen Handelshauses Mundhra Bullion, vergleicht das neu erwachte Kaufinteresse der Anleger sogar mit einem Tsunami. Der Markt werde von den Investoren regelrecht überrollt.
Man darf darüber aber nicht vergessen, dass Silber in jüngster Zeit nicht gut gelaufen ist. Der Kassapreis für das Edelmetall fiel am 6. November auf 15,24 US-Dollar je Feinunze. Das war der niedrigste Stand seit Februar 2010.
Außerdem setzten in jüngster Zeit immer mehr Anleger auf einen fallenden Silberpreis. Ende Oktober wurden an der Metallbörse COMEX 51.700 Short-Kontrakte auf Silber registriert, wie die US Commodity Futures Trading Commission mitteilte. So viele Wetten auf einen Preisrückgang habe es seit Monaten nicht gegeben.
Der Silberpreis habe im großen und ganzen die Entwicklung des Goldpreises nachvollzogen, sagt Alex Thorndike, der in Sydney als Edelmetallhändler für das schweizerische Haus MKS arbeitet. Es habe keine eigenständigen Faktoren gegeben, die den Preis beeinflusst hätten.
Der wichtigste australische Hersteller von Anlagemünzen, Perth Mint, verkaufte im Oktober Silbermünzen im Volumen von rund 656.000 Unzen. Das waren 13 Prozent weniger als im Vormonat.
Gleichwohl deutet einiges auf eine Erholung hin, vor allem in Indien. Dort steigt die Nachfrage nach Silber normalerweise vor dem Lichterfest Diwali, das dieses Jahr am 23. Oktober gefeiert wurde. Zum Fest beschenkt man einander mit Gegenständen aus Silber. Außerdem wird symbolisch in Silbermünzen investiert, auf die Abbilder von Göttern geprägt sind. Das soll Glück bringen.
In diesem Jahr ist die Nachfrage nach Silber nach Diwali sogar noch gestiegen. Das zeigt sich in dem Aufschlag, den indische Käufer auf den Weltpreis für Silber zahlen. Diese Prämie stieg auf 16 bis 17 US-Cents je Feinunze, nachdem sie vor einigen Monaten nur 3 bis 4 Cents betragen hatte.
"Unser Absatz ist um 100 Prozent gestiegen", berichtet der indische Silberhändler Ganesh Agrawal. Wegen der großen Nachfrage sei Silber schon sehr knapp. Die Importe aus dem Ausland kämen häufig nicht schnell genug ins Land, um die Nachfrage zu befriedigen.
Zum wiedererwachten Interesse an Silber trägt sicher auch der Umstand bei, dass sich das Preisverhältnis von Gold und Silber verschoben hat. Gold kostet aktuell 70 mal so viel wie Silber. Normalerweise beträgt der Goldpreis nur das 50- oder 60-fache.
"Das bedeutet, dass das Verlustpotenzial des Silberpreises geringer ist als beim Goldpreis, sagt Howie Lee, Edelmetallanalyst bei Phillip Futures in Singapur. "Anders ausgedrückt: Silber könnte zulegen", fügt er hinzu.
Die US-Münzanstalt teilte mit, dass im Oktober 5,79 Millionen Unzen des silbernen American Eagle verkauft wurden - eine der weltweit beliebtesten Anlagemünzen. Was den Verkauf dieser Münzen angehe, sei der Oktober der bislang beste Monat in diesem Jahr gewesen. Im September seien 4,14 Millionen Unzen verkauft worden. Auf Jahressicht habe sich der Absatz nahezu verdoppelt.
Auch börsengehandelte Fonds auf Silber, sogenannte ETF, erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Seit vergangenem Monat verzeichneten Silber-ETF steigende Zuflüsse, berichtet Mike McGlone, Research Director bei ETF Securities in den USA. Im selben Zeitraum hätten Gold-ETF Abflüsse erlebt.
Per 6. November hätten Anleger 637 Millionen Unzen Silber über ETF gehalten. Seit Jahresbeginn sei das ein Zuwachs von 2,3 Prozent. Das sei zwar nur eine geringe Erholung, doch sei der ETF-Markt ebenso wie die Münz-Verkäufe, ein zuverlässiger Indikator für das Interesse der Anleger an Silber. Die niedrigen Preise zögen die Investoren an, meint McGlone. "Ich glaube, wir werden eine echte Rally erleben", fügt er hinzu.
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November 11, 2014 13:07 ET (18:07 GMT)
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