
Von Andreas Kißler
BERLIN--Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) dringt angesichts der Diskussion um systematische Steuervermeidung in Luxemburg auf schnelle Schritte, um den Missbrauch von Steuersparmodellen durch Konzerne zu beenden. Wie Schäubles Sprecher Martin Jäger sagte, brachte der Finanzminister am Mittwoch eine Initiative auf den Weg, "um in der Diskussion um den Missbrauch von Steuersparmodellen jetzt schnell zu konkreten und wirksamen Maßnahmen zu kommen". Ziel sei es, unangemessene steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten für große Konzerne zu begrenzen.
"Nicht alles, was rechtlich möglich ist, entspricht auch dem Gebot der Fairness," hob Jäger hervor. Manche Praktiken seien außerdem möglicherweise rechtlich angreifbar.
In einem Brief an EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici schlägt Schäuble deshalb laut den Angaben vor, künftig auch für so genannte tax rulings, also Absprachen zwischen Steuerverwaltung und Unternehmen, einen automatischen Informationsaustausch vorzunehmen, wie er schon für private Bankkonten vereinbart wurde.
Unions-Fraktionsvize Ralph Brinkhaus lobte daraufhin Schäubles Vorschlag, diese Steuervorentscheide, mit denen den Unternehmen eine bestimmte steuerliche Behandlung zugesagt wird, in den Informationsaustausch zwischen den Steuerverwaltungen der Mitgliedstaaten einzubeziehen. "Wir können solche steuerschädlichen Praktiken, wie sie gerade bei Luxemburg bekannt wurden, nicht tolerieren," betonte Brinkhaus.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker wies seinerseits am Mittwoch den Vorwurf zurück, er habe als früherer Ministerpräsident und Finanzminister von Luxemburg Großkonzernen eine organisierte Steuerflucht ermöglicht. Juncker schlug auch vor, Moscovici solle eine entsprechende Richtlinie zum Informationsaustausch in diesen Fällen vorlegen.
Die Bundesregierung versicherte Juncker in Berlin unterdessen ihres Vertrauens. "Die Bundesregierung hat das Vertrauen in die Kommission, dass diese Vorgänge aufgeklärt werden, und es gibt keinen Grund dafür, Herrn Juncker als Kommissionspräsidenten diese Aufgabe nicht zuzutrauen", erklärte Vize-Regierungssprecherin Christiane Wirtz. "Die Bundesregierung hat Vertrauen in Herrn Juncker."
Deutsche und internationale Konzerne vermeiden mit Unterstützung der Luxemburger Regierung Steuerzahlungen in Milliardenhöhe, berichtete unter anderem die Süddeutsche Zeitung und verwies auf die Auswertung von 28.000 Seiten von geheimen Dokumenten. Das Datenleck belege, dass die Luxemburger Behörden zum Teil äußerst komplizierte Finanzstrukturen genehmigten, die das Beratungsunternehmen PricewaterhouseCoopers (PwC) im Auftrag der Unternehmen entwickelt hatte. Manche Unternehmen hätten durch diese Steuergestaltungen auf Gewinne teilweise weniger als 1 Prozent Steuern gezahlt.
Deutschland gehört, genau wie Luxemburg, zu den 44 Staaten, die sich den Kampf gegen schädliche Steuerpraktiken der Unternehmen auf die Fahnen geschrieben haben. Für internationale Großkonzerne soll es mit einem Aktionsplan der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) schwerer werden, ihre Steuerlast durch Vermeidungsstrategien und Gewinnverlagerungen klein zu rechnen.
Der Plan sieht 15 Punkte gegen dieses "Base Erosion and Profit Shifting" (Beps) vor - das Aushöhlen der steuerlichen Bemessungsgrundlage und die Gewinnverlagerung von Unternehmen. Diese sollen eigentlich erst Ende kommenden Jahres in konkrete Maßnahmen münden. "Wir müssen jetzt handeln", sagte Jäger aber. "Der Bundesfinanzminister schlägt nun vor, die Arbeiten im Rahmen der Beps-Initiative massiv zu beschleunigen."
Mitarbeit: Matthew Dalton
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
DJG/ank/sha
(END) Dow Jones Newswires
November 12, 2014 10:56 ET (15:56 GMT)
Copyright (c) 2014 Dow Jones & Company, Inc.