
Von Stefan Lange
BERLIN--Der Eigentümerverband Haus und Grund will notfalls per Verfassungsklage gegen die Mietpreisbremse vorgehen. "Wenn das Gesetz kommt, werden wir auch nach Karlsruhe gehen", sagte Verbandspräsident Rolf Kornemann am Donnerstag in Berlin. Das schwarz-rote Prestigeprojekt wird derzeit im Bundestag behandelt. Mieten sollen demnach bei Wiedervermietung von Bestandswohnungen höchstens um zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete erhöht werden dürfen. Union und SPD wollen damit den Mietanstieg dämpfen und für bezahlbare Wohnungen in stark nachgefragten Gebieten sorgen. Das Thema hatte im Wahlkampf eine große Rolle gespielt.
Um Druck auf das laufende Gesetzgebungsverfahren zu machen, hat Haus und Grund ein Rechtsgutachten erstellen lassen, wie Kornemann erklärte. Das Instrument der Mietpreisbremse sei nicht nur wohnungspolitisch kontraproduktiv, sondern eben auch verfassungswidrig, sagte er. Statt Bürokratie abzubauen, mehr Bauland auszuweisen und damit den Wohnungsneubau anzukurbeln, greife die Große Koalition mit der Mietpreisbremse "massiv in den Wohnungsmarkt und insbesondere in die Preisbildung ein". Union und SPD wollten Handlungsfähigkeit demonstrieren und ihr soziales Gewissen zeigen, allerdings ohne Rücksicht auf Verluste, kritisierte der Verbandspräsident.
"Die Schäden werden groß sein", erklärte Kornemann. Dies gelte nicht nur für die Vermieter und Investoren, sondern auch gerade für den Mieter und Menschen mit geringem Einkommen. Haus und Grund rechne mit 100.000 Rechtsstreitigkeiten jährlich als Folge der Mietpreisbremse. "Wir wollen in dem laufenden Gesetzgebungsverfahren bei der Mietpreisbremse noch die Notbremse ziehen", sagte Kornemann. Wenn das nicht gelinge, bleibe der Gang nach Karlsruhe.
Den privaten Eigentümern drohe ein Mieteinnahmeverlust von 536 Millionen Euro jährlich, sagte Kornemann. Die Konsequenzen für das Steueraufkommen sowie die volkswirtschaftlichen Schäden durch eine entsprechende Verringerung des Investitionsvolumens seien dabei noch gar nicht berücksichtigt. Kornemann riet, ganz auf das Gesetz zu verzichten und bei der Regelung des Wohnungsmarktes auf die Kräfte des Marktes zu vertrauen.
Gutachter Alexander Blankenagel von der Humboldt-Universität zu Berlin machte mehrere Punkte gegen die geplante Mietpreisbremse geltend. Sie sei zum einen völlig ungeeignet, die Wohnungsnot zu bekämpfen, erklärte der Rechtswissenschaftler. Außerdem sei das Modell unangemessen, weil es den Interessen der Eigentümer in keiner Weise Rechnung trage. Die Frage sei auch, welcher Weg einem Mieter zugemutet werden könne, um zu einer bezahlbaren Wohnung zu gelangen. "Warum soll der Mieter das Recht haben, in einem bestimmten Stadtgebiet eine Wohnung zu finden?" Blankenagel verwies darauf, dass Arbeitslosen per Gesetz ein zweieinhalbstündiger Weg zur Arbeit zugemutet werde.
Mitgutachter Wolfgang Spoerr, Anwalt und Honorarprofessor an der Humboldt-Universität, beklagte einen massiven staatlichen Eingriff in die Marktpreisbildung. Diese sei verfassungsrechtlich zwar zulässig, ökonomisch gesehen aber "einer der schlimmsten Eingriffe überhaupt". Wenn der Staat zu einem solchen Mittel greife, dann müsse es auch geeignet sein. Dies sei bei der Mietpreisbremse nicht der Fall. So sei es schlichtweg sinnlos, Knappheit durch das Niedrighalten der Preise bekämpfen zu wollen. Niedrig gehaltene Preise vergrößern Knappheit und sie erhöhen die Nachfrage. "Je niedriger die Miete ist, desto größer ist die Wohnungsnachfrage", erklärte Spoerr.
Haus und Grund vertritt nach eigenen Angaben rund 900.000 private Eigentümer von Häusern und Wohnungen. Zwei Drittel aller Mietwohnungen in Deutschland befinden sich demnach in ihrem Eigentum.
Der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen forderte die Bundesregierung dazu auf, die Ausnahme für Neubauten nicht anzutasten. Dies hätte "fatale Folgen für die Investitionstätigkeit der Wohnungsunternehmen", erklärte Präsident Axel Gedaschko.
DJG/stl/bam
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November 13, 2014 07:11 ET (12:11 GMT)
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