
Die Gesamtbewertung in Arbeitszeugnissen ist an diesem Dienstag ein Fall für das Bundesarbeitsgericht in Erfurt. Geklagt hat eine Frau, deren Arbeitgeber ihr bescheinigte, die Aufgaben "zu unserer vollen Zufriedenheit" erledigt zu haben. Das entspricht in der verklausulierten Zeugnissprache der Note 3. Die Frau reklamiert jedoch die Bewertung "stets zu unserer vollen Zufriedenheit" für sich und damit die Note 2, weil ihre Leistung überdurchschnittlich gewesen sei. Sie hatte ein Jahr lang in einer Berliner Zahnarztpraxis am Empfang gearbeitet.
Der Richterspruch hat Bedeutung über das Arbeitszeugnis der Frau hinaus. Denn es geht auch darum, ob die Note 2 oder die Note 3 als durchschnittliche Beurteilung angesehen wird. Die Vorinstanzen hatten Zweifel an der bisherigen Auffassung und gestanden der Klägerin eine 2 zu. Dabei wurde auf eine Studie der Universität Erlangen-Nürnberg verwiesen, wonach von gut 800 ausgewerteten Arbeitszeugnissen mehr als 87 Prozent eine gute oder sehr gute Bewertung enthielten. Daher könne nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei einem befriedigend - der Note 3 - nach heutigem Verständnis um eine durchschnittliche Beurteilung handele, konstatierten die Richter.
Sollte der 9. Senat des Bundesarbeitsgerichts dieser Linie folgen, hätten es Arbeitnehmer künftig leichter, sich bessere Noten zu erstreiten. Denn die Auffassung, welche Note als durchschnittliche Beurteilung anzusehen ist, ist entscheidend, ob die Beweislast im Streitfall beim Beschäftigten oder dem ehemaligen Arbeitgeber liegt. Wenn sich Arbeitnehmer bislang eine Note besser als 3 erstreiten wollten, mussten sie darlegen, warum die Leistungen überdurchschnittlich waren. Das wäre dann wohl nur noch für eine angestrebte Beurteilung besser als 2 nötig./hum/DP/jkr
AXC0113 2014-11-17/12:57