
Von Stefan Lange
BERLIN--Der Ausbau der digitalen Infrastruktur sollte nach Einschätzung von Bundeskanzlerin Angela Merkel beim geplanten 300-Milliarden-Wachstumspaket der Europäischen Kommission ganz oben auf der Agenda stehen. Vor allem der Bereich der Digitalisierung sei für die Wertschöpfung in Zukunft "von entscheidender Bedeutung", sagte Merkel am Freitag in Berlin mit Blick auf das von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker angekündigte Paket. Merkel erklärte, das 300 Milliarden Euro umfassende Programm werde Thema des Gipfels der EU-Staats- und Regierungschefs im Dezember sein.
Noch immer ist nicht ganz klar, wo Juncker die 300 Milliarden Euro hernehmen will. Merkel sagte dazu, soweit sie informiert sei, "geht es jetzt hier um europäische Mittel, geht es um eine Mitwirkung vor allem der Europäischen Investitionsbank". Die CDU-Chefin hatte in diesem Zusammenhang schon früher auf die Möglichkeiten der Europäischen Investitionsbank (EIB) verwiesen und deutlich gemacht, dass man "Kombinationen" zwischen EU- und EIB-Mitteln sowie "privaten Quellen" finden könne. In Deutschland läuft die Debatte über Investitionen der Privatwirtschaft bekanntlich bereits auf Hochtouren.
Merkel hatte zudem erklärt, sie könne sich auch vorstellen, dass man Instrumente aus der mittelfristigen Finanzplanung für das Programm vorziehe. Eine Verwendung von ESM-Mitteln, wie sie unter anderem Juncker vorschwebt, sieht Merkel allerdings nicht.
Der Sprecher des EVP-Mittelstandskreises, Markus Pieper (CDU), kritisierte in diesem Zusammenhang die Pläne der Sozialdemokraten (S&D) im EU-Parlament. Diese schlagen aktuell vor, einen neuen, 400 Milliarden Euro schweren Fonds zu schaffen, "als Teil eines Investitionsplans zur Ankurbelung des Wachstums und zur Schaffung von Arbeitsplätzen in Europa". Pieper erklärte, Europa brauche kein frisches Geld, sondern Strukturreformen, Innovationen und Vertrauen.
"Die derzeitigen Vorschläge des Investitionsplans 2015 bis 2020 der S&D sind wenig realistisch. Ob 300, 700 (Liberale) oder gar 800 Milliarden (Sozialisten) Euro - das geht ins Leere, weil so viel günstiges Geld wie nie in der europäischen Geschichte verfügbar ist", sagte Pieper. Die EU-Kommission müsse vielmehr stärker die Verantwortung der Projektentwicklung vor Ort und Finanzierungspakete mit privatem Kapital aufzeigen.
Zum Thema Digitalisierung sagte Merkel nach einem Treffen mit dem belgischen Ministerpräsidenten Charles Michel in Berlin weiter, Belgien und Deutschland seien sich einig, dass es nicht ausreiche, "einfach nur Geld zu haben, sondern dass man auch den entsprechenden regulatorischen Rahmen braucht". Auch zügige Beratungen über die Datenschutzgrundverordnung seien von großer Bedeutung.
Konkrete Vorschläge zur Weiterentwicklung der Eurozone und der Europäischen Union insgesamt seitens der Kommission erwartet Merkel beim Dezember-Gipfel in Brüssel noch nicht. "So wie ich das sehe, werden wir das im Dezember im Detail nicht beraten, sondern wir werden einen Fahrplan festlegen", sagte sie. Juncker hatte im Oktober von den Staats- und Regierungschefs einen entsprechenden Arbeitsauftrag bekommen.
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November 21, 2014 10:29 ET (15:29 GMT)
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