
Von Stefan Lange
BERLIN--Gut zwei Wochen vor dem CDU-Bundesparteitag in Köln streiten Wirtschaftsflügel und Parteispitze über einen Weg zum Abbau der kalten Progression. CDU-Generalsekretär Peter Tauber machte nach einer Sitzung der Parteispitze am Montag in Berlin deutlich, dass der Vorstand lediglich ein Bekenntnis zum Abbau der kalten Progression in seinen Leitantrag Wirtschaft aufnehmen will. Nach dem Willen der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU (MIT) und der Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft (CDA) soll die "Steuerbremse" jedoch noch in der laufenden Legislaturperiode beschlossen und kassenwirksam werden.
MIT-Chef Carsten Linnemann fordert, dass Arbeitnehmer spätestens zum 1. Januar 2017 "dauerhaft ihren Lohnanteil erhalten, den sie als Kaufkraftausgleich von ihrem Arbeitgeber bekommen". Die Vorstände von MIT und CDA haben jeweils einstimmig beschlossen, gemeinsam den Antrag zur "Steuerbremse" auf dem CDU-Bundesparteitag einzubringen, der vom 8. bis 10. Dezember in Köln stattfindet.
Das Modell der Steuerbremse von MIT und CDA beinhaltet eine automatische jährliche Anpassung des Einkommensteuertarifes an die Inflation (Tarifindex). Um ein beliebiges Aussetzen des Automatismus durch die Politik zu verhindern, soll die Steuerbremse gesetzlich fest verankert werden. Lediglich in Haushaltsnotlagen, dazu zählen MIT und CDA massive Konjunktureinbrüche oder Naturkatastrophen, sollen Bundestag und Bundesrat den Automatismus für ein Jahr aussetzen können.
Tauber erklärte mit Blick auf den Parteitag, der Abbau der kalten Progression sei "erwartungsgemäß" ein Schwerpunkt. "Wir wollen den Parteitag bitten zu beschließen, dass wir noch in dieser Legislaturperiode einen Gesetzentwurf zum Abbau der kalten Progression auf den Weg bringen wollen", sagte der CDU-Politiker. Es gebe auch die Überlegung, das Thema kalte Progression "aufgrund der besonderen Bedeutung, die es für die Union hat", in den wirtschaftspolitischen Leitantrag des Bundesvorstands aufzunehmen.
Im Gegensatz zum Wirtschaftsflügel sperrt sich die Parteispitze jedoch gegen die Festschreibung eines genauen Datums. Wie der Gesetzentwurf im Detail aussehen werde, und "wann der Einstieg in die kalte Progression möglich ist, das kann ich ihnen guten Gewissens jetzt nicht beantworten, weil wir eben mit Parametern agieren, bei denen wir nicht wissen, ob es diese Legislaturperiode noch klappt", sagte Tauber.
Sollte es vor dem Parteitag keinen Kompromiss mehr geben, ist eine heftige Debatte in Köln zu erwarten. Der MIT-Vorsitzende Linnemann und CDA-Chef Karl-Josef Laumann sind als durchsetzungsstarke Redner bekannt und erfahren darin, sich bei den Landesverbänden vor einem Parteitag Mehrheiten für ihre Anliegen zu verschaffen. Auch Tauber ahnt offenbar, dass es wegen der kalten Progression noch heiße Debatten geben könnte. "Das Thema ist durchdiskutiert, wenn der Parteitag es entschieden hat", sagte er.
Einig sind sich beide Seiten immerhin darin, dass für den Abbau der kalten Progression keine neuen Schulden gemacht werden dürfen. Es müssten eben "entsprechende Spielräume erarbeitet werden, um neben den notwendigen Investitionen, bei Zustimmung des Bundesrats, die kalte Progression anpacken zu können. Wir lassen dieses Ziel nicht aus dem Blick, aber es ist noch ein bisschen Hausarbeit von allen Beteiligten zu erledigen", sagte Tauber.
DJG/stl/bam
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November 24, 2014 08:55 ET (13:55 GMT)
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