
Die Länder ringen um Weichenstellungen für den neuen Länderfinanzausgleich. Nordrhein-Westfalen werde einer Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen nur zustimmen, wenn die Interessen Nordrhein-Westfalens angemessen berücksichtigt werden, sagte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) der "Neue Rhein Zeitung" (Montagsausgabe). Derzeit müsse die hohe Steuerkraft des Landes umverteilt werden, während die eigenen Infrastruktur "auf Verschleiß gefahren wird".
Die stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende und Koordinatorin der Länder mit SPD-Regierung war am Sonntag Gastgeberin eines Vorbereitungsgesprächs der zehn Ministerpräsidenten von SPD und Grünen. NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) bilanzierte am Montag: "Die rot und grün geführten Länder sind sich darin einig, dass die Haltung von Bundeskanzlerin Angela Merkel, den Soli ab 2020 komplett für den Bundeshaushalt zu vereinnahmen, nicht als konstruktiver Beitrag zur Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen gewertet wird."
Die von SPD und Grünen geführten Länder wollen den Solidaritätszuschlag 2019 nicht ersatzlos wegfallen lassen, sondern ihn in die Einkommens- und Körperschaftsteuer integrieren. Die Ministerpräsidenten von CDU und CSU reagieren zurückhaltend auf den Vorschlag.
Sachsens Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU) sagte am Montag vor Beginn der CDU-Gremiensitzungen in Berlin: "Wir müssen wissen, dass die Einbeziehung in die allgemeinen Steuern natürlich dazu führt, dass es zu einer indirekten Steuererhöhung kommt." Ähnlich argumentierte Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU).
Immerhin äußerten die beiden stellvertretenden CDU-Bundesvorsitzenden Armin Laschet und Julia Klöckner Zustimmung, dass es keinen Soli nur für den Osten geben sollte. "Hilfe ist keine Frage nach Himmelsrichtungen, sondern eine Frage, wo Not am Mann ist", sagte Klöckner.
Laschet pocht aber darauf, die Mittel aus dem Solidaritätszuschlag nach 2019 zweckgebunden und nach Priorität zu verteilen. Nur so sei sichergestellt, dass das Geld für Zukunftsinvestitionen genutzt werde, sagte er der Deutschen Presse Agentur in Düsseldorf. Dazu zählten etwa die Sanierung der Infrastruktur, Straßen und Brücken, der Breitbandausbau im ländlichen Raum und die Hightech-Industrie.
"Die zusätzlichen Mittel für Schule und Hochschule aus der Bafög-Entlastung sind im löchrigen Haushalt von Frau Kraft versickert", kritisierte Laschet. "Das darf mit dem frischen Geld aus dem Solidarzuschlag nicht passieren."
Kraft lehnt hingegen eine Verteilung der Mittel durch den Bund ab. "Wir sind keine Bittsteller", betonte sie. Die SPD befürchtet, dass bei einem solchen Modell NRW wieder das Nachsehen hätte und möglicherweise unionsgeführte Länder vom Bundesfinanzminister bevorzugt würden.
Die Ministerpräsidenten von SPD und Grünen seien sich über das Ziel des neuen Finanzausgleichs einig, erklärte Walter-Borjans: Die Schuldenbremse 2020 einhalten und zugleich in Bildung und Infrastruktur investieren können. "NRW hat deutlich gemacht, dass es die aktuelle Schieflage zu seinen Ungunsten im Finanzausgleich korrigieren und künftig einen größeren Teil seiner Einnahmen im Land behalten will, ohne sich von der solidarischen Finanzierung des Ausgleichsystems zu verabschieden", betonte der Minister.
Der Solidaritätszuschlag wird seit 1995 - in Ost und West - auf Einkommen- und Körperschaftsteuer erhoben. Es ist eine unbefristete Steuer in Höhe von heute 5,5 Prozent, die allein dem Bund zusteht. Die Einnahmen lagen zuletzt bei einem Volumen von rund 13 Milliarden Euro und sollen angesichts der guten Arbeitsmarktlage in den kommenden Jahren auf bis zu 18 Milliarden Euro steigen.
Der Zuschlag wird laut Bundesfinanzministerium zur Finanzierung der deutschen Einheit erhoben, ist aber nicht zweckgebunden - etwa für den Aufbau Ost. Er ist also nicht identisch mit dem Solidarpakt II, den Aufbauleistungen des Bundes für den Osten./beg/rm/vr/DP/jsl
AXC0157 2014-11-24/17:00