
Von Hans Bentzien
Die Detaildaten des Statistischen Bundesamts zum Wirtschaftswachstum im dritten Quartal lassen die deutschen Konjunkturaussichten für das laufende vierte Quartal ein wenig freundlicher als bisher erscheinen. Volkswirte erwarten eine leichte Wachstumsverstärkung zum Jahresende und eine weitere Aufhellung des Umfelds im ersten Quartal 2015. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sagt Deutschland eine zunehmend binnenwirtschaftliche Orientierung voraus.
Konsum und Außenhandel haben die deutsche Wirtschaft im dritten Quartal 2014 wachsen lassen. Bremsend wirkten dagegen rückläufige Investitionen und Lagerbestände, wie aus der zweiten Veröffentlichung des Statistischen Bundesamts (Destatis) hervor geht. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg gegenüber dem Vorquartal um 0,1 Prozent, nachdem es im zweiten Quartal um 0,1 Prozent geschrumpft war. Die Jahreswachstumsrate des BIP erhöhte sich von 1,0 auf 1,2 Prozent.
Die privaten Konsumenten fuhren ihre Ausgaben um 0,7 Prozent hoch. Der Staatskonsum stieg um 0,6 Prozent. Beide trugen mit 0,4 bzw. 0,1 Punkten zum Wirtschaftswachstum bei. Dagegen hielten sich die Unternehmen noch stärker als bisher mit Ausgaben zurück. Ihre Ausrüstungsinvestitionen reduzierten sie um 2,3 Prozent und ihre Bauinvestitionen um 0,3 Prozent. Die gesamten Bruttoinvestitionen minderten das Wachstum um 0,7 Punkte.
Stützend wirkte der Außenhandel. Die Exporte von Waren und Dienstleistungen stiegen um 1,9 Prozent, die Importe dagegen nur um 1,7 Prozent. Dadurch trug der Außenhandel mit 0,2 Punkten positiv zum Wachstum bei. Zudem gab es einen Vorratsabbau, der ein Minus von 0,5 Prozent bedeutete.
Nach Einschätzung von Barclays-Volkswirt Thomas Harjes ist dieser Lagerabbau ein positives Vorzeichen für die nächsten Quartale. "Sollte sich die Nachfrage festigen, dürften die Unternehmen ihre Produktion rasch hochfahren", sagte er. Zudem bestehe wegen der Investitionsschwäche der vergangenen Quartale ein gewisser Druck auf die Regierung, investitionsfreundliche Maßnahmen zu ergreifen und selbst mehr zu investieren. Barclays rechnet für das vierte Quartal nun mit einem etwas höheren Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent.
Evelyn Herrmann, Volkswirtin bei BNP Paribas, sieht für ihre Wachstumsprognose von 0,1 Prozent immerhin ein Aufwärtsrisiko. Sie baut vor allem auf die verstärkte Konsumneigung der deutschen Verbraucher, die ihre Ausgaben in diesem Jahr pro Quartal durchschnittlich um 0,5 Prozent ausgeweitet haben. "Ein sehr robustes Wachstum, verglichen mit Raten von 0,1 bis 0,2 Prozent, die wir vor 2008 gesehen haben", findet Herrmann. Angesichts eines guten Lohnwachstums und niedriger Inflation rechnet sie damit, dass dieser Trend anhalten wird.
Nach Einschätzung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) wird Deutschlands Wirtschaft in den kommenden Jahren überhaupt stärker von der Binnennachfrage getragen werden. In ihrem aktuellen Weltwirtschaftsausblick prognostiziert die OECD, dass die Beschäftigung noch mindestens bis 2016 zunehmen und die Binnennachfrage kräftige Wachstumsbeiträge liefern wird. Der Außenhandel dagegen wird das Wachstum dagegen laut OECD bremsen.
Die in Paris ansässige Organisation erwartet, dass die Binnennachfrage in den Jahren 2014, 2015 und 2016 um 1,7, 1,5 und 2,2 Prozent wachsen wird. Dagegen soll der Wachstumsbeitrag der Nettoexporte mit 0,1, 0,3 und 0,2 Prozent negativ sein. Deutschland wird von vielen internationalen Organisationen und manchen Nachbarländern für seine hohen Leistungsbilanzüberschüsse kritisiert. Die OECD erwartet jedoch, dass die Importe in den nächsten Jahren durchgängig stärker als die Exporte wachsen werden.
Kurzfristig rechnen die deutschen Industrieunternehmen aber durchaus mit neuen Impulsen von Außenwirtschaft, wie aus der jüngsten Umfrage des ifo-Instituts hervor geht. Der ifo-Geschäftsklimaindex stieg im November auch wegen der wieder besseren Stimmung im verarbeitenden Gewerbe überraschend.
Weiteren Aufschluss über den Gang der Binnenkonjunktur werden in dieser Woche die Arbeitslosenzahlen für November und der GfK-Konsumklimaindex liefern, die am Donnerstag veröffentlicht werden.
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November 25, 2014 07:41 ET (12:41 GMT)
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