
Trübe Aussichten für die deutsche Wirtschaft: Auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) schraubte ihre Wachstumsprognose für 2015 drastisch nach unten. Nach einem Dämpfer im Frühjahr und Mini-Wachstum im dritten Quartal des laufenden Jahres rechnen die meisten Ökonomen jedoch damit, dass Europas größte Volkswirtschaft im Laufe des kommenden Jahres wieder Fahrt aufnehmen wird. Begründet wird die Zuversicht mit dem Hinweis auf die Kauflust der Verbraucher und stabiler Nachfrage nach Waren "made in Germany" aus dem Ausland.
Die OECD erwartet für Deutschland für 2015 noch 1,1 Prozent Plus beim Bruttoinlandsprodukt (BIP). Im Mai hatte der Zusammenschluss von 34 Industriestaaten noch 2,3 Prozent Wachstum für möglich gehalten. Als Gründe für die gesenkte Prognose nannten OECD-Experten am Dienstag in Paris kriselnde EU-Handelspartner, sinkende Investitionsnachfrage aus China sowie die Russland-Ukraine-Krise.
OECD-weit wird 2015 ein Wachstum der Wirtschaftsleitung um 2,3 Prozent erwartet, die Eurozone bleibe mit einem Plus von 1,1 Prozent Sorgenkind für die Weltwirtschaft. Der Euroraum trete auf der Stelle und "ist zu einem großen Risiko für das weltweite Wachstum geworden", heißt es im OECD-Ausblick.
In den vergangenen Wochen hatten bereits führende Wirtschaftsforscher und die Bundesregierung ihre Wachstumserwartungen für 2014 und 2015 nach unten korrigiert. Die fünf Wirtschaftsweisen erwarten für die deutsche Wirtschaft im laufenden Jahr noch 1,2 Prozent statt 1,9 Prozent Wachstum und für 2015 dann 1,0 Prozent.
Im Sommer bewahrten Konsum und Exporte die deutsche Wirtschaft vor dem Abrutschen in eine Rezession. Das Statistische Bundesamt verzeichnete für das dritte Quartal ein Mini-Wachstum von 0,1 Prozent im Vergleich zum Vorquartal. Die Wiesbadener Behörde bestätigte am Dienstag ihre ersten Berechnungen von Mitte November: "Die deutsche Wirtschaft hat sich in einem schwierigen weltwirtschaftlichen Umfeld als stabil erwiesen."
Im Frühjahr hatte die Wirtschaftsleistung im Vergleich zum Auftaktquartal leicht um 0,1 Prozent abgenommen. Wäre das BIP auch in den Monaten Juli bis September zurückgegangen, hätten Volkswirte von einer leichten Rezession gesprochen. Verglichen mit dem Vorjahr wuchs die deutsche Wirtschaft im Sommer preisbereinigt um 1,2 Prozent.
Im Vergleich zum zweiten Quartal 2014 legten sowohl die privaten (plus 0,7 Prozent) als auch die staatlichen Konsumausgaben (plus 0,6 Prozent) zu. Zudem stützte der Außenhandel die deutsche Konjunktur: Die Exporte stiegen preis-, saison- und kalenderbereinigt um 1,9 Prozent und legten somit stärker zu als die Importe (plus 1,7 Prozent). Dadurch hatte der Außenbeitrag - die Differenz aus Exporten und Importen - einen leicht positiven Effekt auf das BIP. Dagegen waren die Investitionen rückläufig: In Maschinen, Geräte und Fahrzeuge etwa wurde 2,3 Prozent weniger Geld gesteckt.
Ein Hoffnungszeichen: Der jüngste Ifo-Geschäftsklimaindex. Erstmals seit Monaten blicken Deutschlands Unternehmen demnach trotz aller internationalen Krisen wieder zuversichtlicher in die Zukunft. Damit wächst die Hoffnung, dass Unternehmen wieder mehr investieren und so die Konjunktur anschieben.
Die OECD forderte von Deutschland mehr Anstrengungen für mehr Wachstum - etwa bei Einrichtungen zur Kinderbetreuung oder im Bildungsbereich. Auch bei Investitionen in die Infrastruktur habe Deutschland "erheblichen Nachholbedarf", sagte Christian Kastrop, Direktor für wirtschaftspolitische Studien bei der OECD. Dafür könnten auch Staatsausgaben umstrukturiert werden: "Was gut ist für Wachstum, muss nicht mit Krediten finanziert werden", sagte Kastrop./ben/gro/DP/jkr
AXC0153 2014-11-25/14:46