Von Manuel Priego Thimmel
Die Jahresendrally im DAX dürfte auch in der kommenden Woche weitergehen. Der Einbruch des Ölpreises und der nachgebende Euro sind gute Nachrichten für die europäische Wirtschaft, die sich mit Zeitverzögerung in steigenden Unternehmensgewinnen widerspiegeln werden. Zwar dürfte die EZB auf ihrer Sitzung in der kommenden Woche kein Wertpapierkaufprogramm bekannt geben. Sie wird aber klar kommunizieren, dass sie bereit ist, ein solches auch sehr kurzfristig aufzulegen. Damit bleiben die Ampeln an den Aktienmärkten auf grün geschaltet.
Der Einbruch des Ölpreises stellt zwar kurzfristig einen Belastungsfaktor für die Börsen dar - die Aktien von Erd- und Gasproduzenten brechen ein und ziehen die Gesamtmärkte nach unten. Schon bald dürfte das positive Moment aber wieder die Oberhand gewinnen. Denn der Rückgang des Ölpreises wirkt nach Einschätzung der Commerzbank konjunkturell sehr positiv. "Der seit dem Sommer zu beobachtende Rückgang des Ölpreises entlastet die Importrechnung des Euroraums um einen Betrag, der 0,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts entspricht", heißt es.
Das sind gute Nachrichten für die künftigen Unternehmensgewinne. Nach Einschätzung der Societe Generale ist der DAX der europäische Börsenindex, der am meisten von einem fallenden Ölpreis profitiert. Um 7 Prozent könne der deutsche Leitindex auf Monatssicht allein dank des niedrigen Ölpreises zulegen, so die Analysten. Dazu gesellt sich die Schwäche des Euro. Von Ständen von knapp 1,40 Dollar im Jahreshoch hat die Einheitswährung auf 1,2450 abgewertet. Vereinzelt hat sich dieser positive Währungseffekt bereits in den Geschäftsberichten für das dritte Quartal bereits widergespiegelt.
Wie die Commerzbank anmerkt, sollte sich dieser Rückenwind insbesondere für Exportunternehmen mit einem hohen Umsatzanteil in Ländern noch weiter verstärken, deren Handel überwiegend mit Dollar abgewickelt wird oder deren Währungen stark an den Dollar gebunden sind. Im Durchschnitt erzielen die DAX-Unternehmen etwa 37 Prozent ihrer Umsätze in diesen Ländern, sagt Analyst Markus Wallner. "Davon sollten vor allem DAX-Unternehmen wie Lanxess, K+S, Bayer, Linde und BMW profitieren".
Und die Schwäche des Euro könnte sich in den kommenden Monaten noch fortsetzen. Die jüngsten Aussagen von EZB-Präsident Draghi lassen darauf schließen, dass die Hürden für ein Wertpapierkaufprogramm (QE) in der Zwischenzeit sehr niedrig liegen. Draghi hat vor den extrem niedrigen Inflationserwartungen in der Eurozone gewarnt. Die Verbraucherpreise sind im November auf 0,3 Prozent gefallen - der niedrige Ölpreis könnte dazu führen, dass sie demnächst Richtung Nulllinie nachgeben.
Die meisten Beobachter rechnen daher damit, dass die EZB im ersten Quartal 2015 ein QE-Programm auflegen wird. Die Zentralbank dürfte zunächst den zweiten Langfristtender abwarten, der Mitte Dezember an den Markt kommt. Die Nachfrage der Banken nach dem ersten Tender blieb weit unter den ursprünglichen Erwartungen der EZB. Sollte nun auch der zweite Tender enttäuschen, dürfte QE eine ausgemachte Sache sein.
Allein die Erwartung von QE dürfte ausreichen, um die Aktienmärkte weiter zu befeuern. Dazu kommt, dass mit den Monaten Dezember und Januar traditionell starke Börsenmonate vor der Tür stehen. Einer Fortsetzung der Jahresendrally scheint damit nichts im Weg zu stehen. Das bisherige Jahreshoch im DAX von 10.050 Punkten könnte bereits nächste Woche fallen. Am kommenden Montag werden die Anleger aber zunächst in die Schweiz schauen. Am Wochenende stimmen die Eidgenossen über eine Initiative ab, die die Schweizerische Nationalbank (SNB) dazu verpflichten würde, den Gold-Anteil in der Bilanz massiv zu erhöhen.
In den jüngsten Umfragen liegt das "Nein"-Lager vorne. Sollten die Schweizer überraschend doch mit "Ja" stimmen, würde dies nicht nur den Goldpreis befeuern. Die Anleger dürften auch die Bereitschaft der SNB testen, den Mindestwechselkurs im Euro-Franken-Paar von 1,20 zu verteidigen. Dieser wurde im September 2011 - also zu Hochzeiten der Schuldenkrise in der Eurozone - von der Zentralbank eingezogen, um der Flucht in den Franken die Spitze zu nehmen. Mit Erfolg: Seitdem handelt das Währungspaar zwischen 1,20 und 1,16. Aktuell notiert der Euro bei 1,2020 Franken.
Die meisten Analysten gehen nicht davon aus, dass die SNB für den Fall eines "Ja" einknicken und den Mindestwechselkurs aufgeben wird. Die Societe Generale rechnet damit, dass die SNB die Spekulanten mit einer kraftvollen Intervention aus dem Markt fegen wird. Für die Aktienmärkte sollte das Ganze ohnehin nicht mehr als ein interessantes Kuriosum sein. Egal, wie die Abstimmung ausgeht.
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November 28, 2014 08:22 ET (13:22 GMT)
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