29. Dezember 2014. Die meisten Analysten rechnen auch im neuen Jahr mit Kursavancen, für echten Optimismus gibt es aber einfach zu viele potenzielle Störfeuer.
"Sekt statt Schampus", so wurden die Erwartungen der Analysten an 2014 vor genau einem Jahr beschrieben. Damit lagen die Experten auch ziemlich richtig - zumindest für den deutschen Aktienmarkt, der, gemessen am DAX, seit Jahresanfang nur um knapp 4 Prozent gestiegen ist. Deutlich besser als erwartet hat sich unterdessen die US-Börse entwickelt, am zweiten Weihnachtstag kletterten S&P 500 und Dow Jones auf neue Rekordhochs, seit Jahresanfang kommt der Dow Jones jetzt auf ein Plus von 9,4 Prozent. Größte Überraschung des Jahres war aber sicherlich der Ölpreis, der, für die Sorten Brent und WTI, seit Sommer um fast die Hälfte gefallen ist.
Für den DAX passt "Sekt statt Schampus" auch 2015: Die FAZ hat 22 Banken, Fondsgesellschaften und Versicherungen befragt, im Schnitt gehen diese von einem Plus auf 10.773 Punkte aus.
Etwa prognostiziert die BayernLB 10.500 DAX-Zähler zum Jahresende 2015. "Aufgrund der Risiken erwarten wir aber auch eine zunehmende Volatilität, verbunden mit teils kräftigem Rückschlagpotenzial", heißt es im Jahresausblick, betitelt mit "Bitte anschnallen". Ursache für die "erratischen Schwankungen" seien - neben geopolitischen Ereignissen und Nebenwirkungen der globalen Schuldenproblematik - vor allem Entscheidungen der Zentralbanken. Unter dem Strich werde die Geldpolitik der Notenbanken in der Eurozone, Großbritannien, den USA und Japan zwar sehr expansiv bleiben, "doch die entgegengesetzten Stoßrichtungen von Fed und Bank of England auf der einen Seite und EZB und Bank of Japan auf der anderen werden die Marktteilnehmer in Atem halten", erklärt Chefvolkswirt Jürgen Michels.
"Reibungsverluste" durch Russland
Die Commerzbank sieht den deutschen Aktienindex Ende 2015 bei 10.800 Punkten, den Euro Stoxx 50 bei 3.200 und den S&P bei 2.100 Punkten. Viele Anleger unterschätzten die Divergenz der Geldpolitik dies- und jenseits des Atlantiks, der Euro werde gegenüber dem US-Dollar deutlicher abwerten als die meisten erwarteten. "Deutsche Aktien dürften sich 2015 aber merklich besser schlagen als ihre US-Pendants", heißt es, Deutschland werde nämlich die Konjunkturdelle überwinden. Das Hauptrisiko bleibe eine weitere Abschwächung der Emerging Markets.
Laut Robert Halver von der Baader Bank befinden sich deutsche Aktien - trotz Russlandkrise - in gutem Fahrwasser. Zwar seien "Reibungsverluste" wegen der Russlandkrise zu erwarten, deutsche Unternehmen profitierten aber von einer stabilen Konjunktur in Amerika und Asien und der "schuldengetriebenen Wirtschaftsförderung" in der Eurozone. Dazu kämen ein schwacher Euro und vergleichsweise günstige Energiepreise. Halver rechnet aber ebenfalls mit steigenden Kursschwankungen. "Die Neuwahlen in Griechenland können vorübergehend zu Euro-Krisensymptomen mit ansteigenden Staatsanleiherenditen führen." Auch die einsetzende US-Leitzinswende könne für Irritationen sorgen, dazu kämen eventuelle geopolitische Krisen. "Insgesamt ist 2015 im DAX mit einer großen Schwankungsbreite zwischen 11.000 und 9.200 Punkten zu rechnen."
Nur verhaltende Gewinnperspektiven
Die Helaba, die sich bereits für dieses Jahr skeptischer gezeigt hatte als viele andere Banken, ist auch für 2015 pessimistischer und prognostiziert lediglich einen DAX-Stand von 9.800 Zählern für Ende 2015. "Bei vorerst verhaltenen Gewinnperspektiven und insgesamt hoher Bewertung ist das fundamentale Kurspotenzial weitgehend ausgeschöpft", meint Markus Reinwand. Das gelte auch für US-Aktien. "So hat der S&P 500 auf Basis der Konsensgewinnschätzungen für das kommende Jahr inzwischen ein KGV von mehr als 16 erreicht und das Bewertungsband der vergangenen zehn Jahre verlassen."
"Die Fahrt könnte etwas holpriger werden", kommentiert auch die niederländische Anlagegesellschaft Robeco mit Blick auf das kommende Jahr. "Unruhen in vielen Teilen der Welt und eine eventuelle Zinserhöhung durch die US-Notenbank Fed könnten 2015 zu stärkeren Schwankungen an den Finanzmärkten führen." Nach den soliden Aktienrenditen der vergangenen fünf Jahre von durchschnittlich 13 Prozent rechnen die Analysten im nächsten Jahr mit 5 bis 7 Prozent. "Dennoch sind Aktien unsere bevorzugte Anlageklasse für 2015."
Keine Blase
US-Zinserhöhungen halte ich für verkraftbar für die Börsen, da die US-Wirtschaft stark ist und die Fed sehr achtsam vorgehen wird", meint Ulrich Kater von der DekaBank. Da ansonsten das Fundament der Börse, also die Unternehmensgewinne, fest bleibe, seien die Kurse recht gut abgesichert. "Aber Gründe für starke Schwankungen gibt es im kommenden Jahr wieder mal genug." Höchststände deuteten allerdings nicht automatisch auf eine Blase hin. In Deutschland resultierten sie auch sehr stark aus den hohen Dividenden und nicht aus Überbewertungen. "Sicherlich sind Aktien heute nicht billig. Für die langfristigen Teile des Vermögens sind sie jedoch auch und gerade gegenwärtig geeignet."
In der Silvesterwoche sollte es ruhig bleiben, nur aus den USA stehen einige wichtige Daten zur Veröffentlichung an. Zudem tritt am Montagvormittag das griechische Parlament zum dritten und letzten Mal zusammen, um einen neuen Staatspräsidenten zu wählen. Scheitert auch dieser Versuch, sind Neuwahlen vorgeschrieben, für die ein Siegeszug des Linksbündnisses Syriza befürchtet wird.
Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftsdaten
Dienstag, 30. Dezember
14.00 Uhr. Handelsende an der Frankfurter Börse. Details zu den Abrechnungszeiten stehen in der "Jahresschlussbörse". 16.00 Uhr. USA: Verbrauchervertrauen Conference Board Dezember. Nach einem Rücksetzer im Vormonat erwartet die DekaBank mit 96 Punkten den höchsten Indexstand seit September 2007. Die Verbraucher hätten gleich mehrere Gründe zur Freude: Der Arbeitsmarkt brumme, aufgrund der fallenden Energiekosten steige die Kaufkraft, zudem sei die Entwicklung am Aktienmarkt positiv.
Mittwoch, 31. Dezember
Silvester: Kein Börsenhandel an der Börse Frankfurt
Donnerstag, 1. Januar
Neujahr: Kein Börsenhandel an der Börse Frankfurt
Freitag, 2. Januar
16.00 Uhr. USA: ISM-Index Dezember. Ausgehend von knapp 59 Punkten im November geht die DekaBank für den Dezember von einer Stimmungseintrübung aus, das Niveau bleibe aber hoch. Grund für die verhaltene Einschätzung: Die bislang veröffentlichten Stimmungsindikatoren für den Dezember hätten sich durchweg verschlechtert.
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Von Anna-Maria Borse, Deutsche Börse AG © 29. Dezember 2014
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
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