Von Benjamin Krieger
Tiefrote Kursvorgaben aus dem späten US-Handel des Vortages haben Europas Aktienmärkte am Donnerstag erstaunlich gut abgehakt. Die US-Notenbank hatte am Vorabend einen verhalten optimistischen Ton zur Konjunktur angeschlagen. Daraufhin gerieten die US-Börsen kräftig unter Druck. Denn Investoren witterten Zinserhöhungen schon zu einem früheren Zeitpunkt als bislang erwartet.
Broker prognostizierten daher am Morgen auch für den DAX Kursverluste von mehr als 100 Punkten. Dieser fiel auch in der ersten Handelsstunde im Tief um 103 Punkte, kämpfte sich aber im Verlauf des Handels immer weiter nach vorn und schloss am Ende 0,3 Prozent fester bei 10.738 Punkten. Der Euro-Stoxx-50 legte um 0,4 Prozent auf 3.372 Zähler zu. Die meisten europäischen Börsen meldeten leichte Kursgewinne.
Händler berichteten, dass bei fallenden Kursen rasch Käufer an den Markt gekommen seien. Im Unterschied zur Federal Reserve, die die Zinsschraube in diesem Jahr anziehen dürfte, beginnt die Europäische Zentralbank im März mit Anleihekäufen im ganz großen Stil. Diese zusätzliche Liquidität fließt auch an die europäischen Aktienmärkte und stützt die Kurse. Zumal Anleihen kaum noch Renditen abwerfen. Deutsche Bundesanleihen mit 30 Jahren Laufzeit rentierten am Donnerstag erstmals unter einem Prozent.
Licht und Schatten gab es bei den Quartalsberichten großer Unternehmen. Die Deutsche Bank hat ein starkes Schlussquartal 2014 hingelegt, was den Aktienkurs um 2,6 Prozent nach oben trieb. Der Zinsüberschuss liegt mit gut 3,8 Milliarden Euro um 10 Prozent über der Konsensprognose von Analysten. "Vor allem das Investment Banking hat besser abgeschnitten als erwartet", sagte Philipp Häßler von equinet. Im Fahrwasser der Deutsche-Bank-Aktie waren auch UBS und Credit Suisse gesucht.
Kursgewinne nach Geschäftszahlen verbuchten auch Infineon und der britische Spirituosenhersteller Diageo. Infineon profitiert vom schwachen Euro und hat das Umsatzziel für das laufende Geschäftsjahr erhöht. Die Aktie legte um 1,5 Prozent zu. Bei Diageo sprach Wyn Ellis von Numis von "ermutigenden, sich verbessernden Trends" im vergangenen Quartal. Die Aktie des Herstellers von Wodka Smirnoff und Guiness-Bier stieg um 3,1 Prozent.
Nokia hat zwar im vierten Quartal mehr Gewinn erzielt als erwartet, die Aktie fiel jedoch um 3,8 Prozent. Händler sprachen von Gewinnmitnahmen, nachdem der Kurs am Dienstag auf ein Vierjahreshoch gestiegen war. Bei Royal Dutch Shell ist der Gewinn im vergangenen Jahr um gut 20 Prozent unter dem Analystenkonsens geblieben. Der Kurs sackte daraufhin um 4,3 Prozent ab und zog den europäischen Öl- und Gassektor um 2,8 Prozent nach unten.
Die österreichische Bank Raiffeisen International reduziert die Risiken in ihrer Bilanz drastisch und kann daher nach eigener Aussage auf eine Kapitalerhöhung verzichten. Anleger in Wien reagierten euphorisch, der Aktienkurs sprang um 11,6 Prozent nach oben.
Negative Analystenkommentare der Deutschen Bank und der Bank HSBC drückten den Aktienkurs des Anlagenbauers GEA um 1,8 Prozent. Hugo Boss stiegen um 1,4 Prozent, nachdem die Commerzbank die Aktie hochgestuft hatte. Gerry Weber fielen trotz guter Ergebnisse um 2,9 Prozent zurück. Hier lastete laut Händern das Fehlen von Aussagen zum Geschäft im neuen Jahr auf dem Kurs.
Am Euro-Rentenmarkt wurden griechische Anleihen auch am Donnerstag verkauft. Die Rendite fünfjähriger Papiere, die sich umgekehrt zum Kurs verhält, ist seit Wochenbeginn von gut 9 Prozent auf 13,5 Prozent nach oben geschossen. Zwischenzeitlich rentierten die Titel sogar mit fast 15 Prozent. Die Ratingagentur S&P hat die Bonität des Landes auf "Watch Negative" mit der Möglichkeit einer Abstufung gesetzt. Die von der neuen Regierung propagierte Politik sei unvereinbar mit den von früheren Regierungen gemachten Zusagen, lautet die Begründung.
Bundesanleihen gaben am Nachmittag nach, nachdem sie am Vortag erneut auf ein Rekordhoch gestiegen waren. Der Euro setzte die Stabilisierung zum US-Dollar bei etwa 1,13 Dollar fort. Seit Montag hat die Gemeinschaftswährung den zuvor freien Fall gebremst. Auffällig war der schwache Schweizer Franken. Der Euro ist auf 1,04545 Franken gestiegen, nachdem er am Morgen noch zwischen 1,0250 und 1,0300 handelte.
Der schwache Franken sorgte an der Züricher Börse für Aktienkäufe. Der Leitindex SMI stieg um 1,5 Prozent und lag damit europaweit an der Spitze. Seit die Schweizerische Nationalbank den Mindestwechselkurs des Euro gegen den Franken aufgehoben hat, korreliert der schweizerische Aktienmarkt eng mit dem Franken. Fällt dieser, dann steigen die Aktienkurse und umgekehrt.
Index Schluss- Entwicklung Entwicklung Entwicklung stand absolut in % seit Jahresbeginn Euro-Stoxx-50 3.371,83 +12,87 +0,4% +7,2% Stoxx-50 3.217,26 -7,11 -0,2% +7,1% Stoxx-600 368,76 -0,32 -0,1% +7,7% XETRA-DAX 10.737,87 +26,90 +0,3% +9,5% FTSE-100 London 6.810,60 -15,34 -0,2% +3,7% CAC-40 Paris 4.631,43 +20,49 +0,4% +8,4% AEX Amsterdam 452,47 +0,17 +0,0% +6,6% ATHEX-20 Athen 218,88 +8,73 +4,2% -17,4% BEL-20 Bruessel 3.548,39 +7,18 +0,2% +8,0% BUX Budapest 16.667,99 -251,00 -1,5% +0,2% OMXH-25 Helsinki 3.257,10 -51,99 -1,6% +9,0% ISE NAT. 30 Istanbul 109.617,97 -2470,43 -2,2% +3,3% OMXC-20 Kopenhagen 815,32 +0,14 +0,0% +9,5% PSI 20 Lissabon 5.197,72 +27,93 +0,5% +8,9% IBEX-35 Madrid 10.507,60 +50,70 +0,5% +2,2% FTSE-MIB Mailand 20.593,72 +115,28 +0,6% +8,3% RTS Moskau 747,45 -17,92 -2,3% -5,5% OBX Oslo 543,00 -2,57 -0,5% +3,7% PX Prag 954,43 -2,07 -0,2% +0,8% OMXS-30 Stockholm 1.570,39 +7,85 +0,5% +7,2% WIG-20 Warschau 2.340,77 +21,59 +0,9% +1,1% ATX Wien 2.187,13 -7,01 -0,3% +1,3% SMI Zuerich 8.435,34 +123,79 +1,5% -6,1% DEVISEN zuletzt +/- % Do, 8.37 Uhr Mi, 17.35 Uhr EUR/USD 1,1296 0,04% 1,1292 1,1335 EUR/JPY 133,70 0,66% 132,82 133,48 EUR/CHF 1,0445 1,76% 1,0265 1,0253 USD/JPY 118,35 0,57% 117,68 117,76 GBP/USD 1,5051 -0,63% 1,5146 1,5170
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January 29, 2015 12:10 ET (17:10 GMT)
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