
Von Christian Grimm
Wenn am Nachmittag die Finanzminister der Euro-Länder zusammenkommen, geht es um die Zukunft Griechenlands in der Währungsunion. Es geht aber auch darum, ob die deutsche Rettungspolitik - Geld gegen schmerzhafte Reformen - das Modell für Europa bleibt. Vor dem Treffen in Brüssel haben sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) als wichtigster Geldgeber und sein griechischer Amtskollege Yanis Varoufakis in Stellung gebracht.
Schäuble räumte am Dienstagabend bei der G20-Tagung in Istanbul Berichte über einen angeblichen Deal zwischen EU-Kommission und Athen vom Tisch. "Das muss falsch sein", sagte er. "Denn erstens ist es mir nicht bekannt. Zweitens ist die Kommission dafür nicht zuständig." Der CDU-Politiker erstickte auch Hoffnungen auf ein schnelles Entgegenkommen der Geldgeber im Keim. "Wir werden morgen kein neues Programm haben", sagte der Minister in der Türkei.
Die neue griechische Regierung gibt ihrerseits keine Handbreit nach. Ministerpräsident Alexis Tsipras holte sich am Abend vor dem Gespräch das Vertrauen des Parlaments und keilte in seiner Rede gegen den deutschen Finanzminister. Athen werde "das Hilfspaket nicht verlängern, egal was Schäuble fordert", drohte Tsipras.
Sein Finanzminister Varoufakis lobte in einem Interview zwar den Scharfsinn von Schäuble und der Bundeskanzlerin, blieb in der Sache aber ebenfalls unnachgiebig. "Wenn eine Schuld nicht mehr beglichen werden kann, dann führt das zu einem Schuldenschnitt", betonte er im Gespräch mit dem Magazin stern.
Weil Varoufakis bei der Runde mit den anderen Finanzministern nicht mit leeren Händen auftreten kann, wird in Athen hinter den Kulissen hektisch an Überbrückungslösungen gearbeitet. Wie griechische Zeitungen berichteten, soll die größte finanzielle Not durch die Ausgabe kurzlaufender Staatsanleihen (T-Bills) und einen Griff in die Kasse des staatlichen Bankenrettungsfonds abgewendet werden. Beides könnte zusammen maximal 19 Milliarden Euro bringen.
In etwas mehr als zwei Wochen endet das zweite Griechenland-Hilfsprogramm. Eine Kreditrate von 1,8 Milliarden Euro steht noch aus, die aber nur ausgezahlt wird, wenn die Euro-Finanzminister ihre Zustimmung geben. Weil die Syriza-Regierung aber die Zusammenarbeit mit der Troika gekündigt hat, ist unklar, ob das Programm überhaupt abgeschlossen werden kann. Grundlage für die Beschlüsse der Finanzminister waren in den vergangenen Jahren die Fortschrittsberichte der Troika-Prüfer.
Für das Sondertreffen der Eurogruppe ist wegen der Unruhe und teilweise widersprüchlichen Signale aus Athen nicht mit dem großen Durchbruch zu rechen. Schon am morgigen Donnerstag werden die Staats- und Regierungschefs Tsipras' Vorschläge auf dem informellen Gipfel zunächst selbst besprechen wollen. Schon Anfang nächster Woche steht dann das nächste reguläre Treffen der Finanzminister auf der Tagesordnung.
Die Analysten der Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) halten das Erpressungspotenzial der Griechen inzwischen für nur noch wenig bedrohlich. Selbst wenn die an Athen verliehenen Kredite vollständig verloren gingen, würde das die Kreditwürdigkeit der Geberländer nicht erschüttern, sagte S&P-Chefanalyst Moritz Krämer der Börsen-Zeitung. "Entgegen der öffentlichen Meinung sind die Haftungssummen im Verhältnis zur Wirtschaftskraft der Gläubiger gar nicht so hoch." Deutschland habe beispielsweise deutlich mehr Geld in die Rettung von Banken gesteckt als bei einem Komplettausfall der Griechenland-Forderungen auf den Bund zukäme, sagte Krämer.
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February 11, 2015 05:08 ET (10:08 GMT)
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