
Von Hans Bentzien
FRANKFURT--Der Präsident des Münchener ifo Instituts, Hans-Werner Sinn, hat die Finanzierung Griechenlands über Notkredite der eigenen Zentralbank als zu hoch kritisiert. Nach seinen Berechnungen gemehmigt die Europäische Zentralbank (EZB) derzeit mehr Emergency Liquidity Assistance (ELA), als die Bilanz der griechischen Zentralbank alleine tragen kann.
Sinn ist der Ansicht, dass Griechenland über kurz oder lang Kapitalverkehrskontrollen einführen und langfristig aus dem Euro austreten wird.
"Rechnerisch bemisst sich die ELA-Obergrenze am Eigenkapital und dem Anteil der griechischen Zentralbank an der Geldmenge. Das sind nach dieser Rechnung 42 Milliarden Euro", sagte Sinn im Internationalen Club Frankfurter Wirtschaftsjournalisten. Aktuell hat die EZB Griechenland ein ELA-Volumen von 68,5 Milliarden Euro genehmigt.
Für ELA-Kredite haftet nominell nicht die EZB und damit die Staatengemeinschaft, sondern die nationale Zentralbank. Sinn zufolge darf die Zentralbank aber nur so viel Haftung übernehmen, wie sie tatsächlich tragen kann. "Alles was darüber hinaus geht, kann man zwar noch ELA nennen, aber das ist kein ELA mehr, das unterliegt wieder der Haftung der Mitgliedstaaten", erläuterte Sinn.
Sinn zufolge dient ELA derzeit vor allem dazu, Kapital aus Griechenland ins Ausland zu bringen. "Die Kapitalflucht wird weiter gehen. Aber wenn sich die wichtigsten Gläubiger aus dem Staub gemacht haben, dann lässt die Lobby-Arbeit nach, und dann kommen die Kapitalverkehrskontrollen."
Der Münchener Ökonom rechnet damit, dass sich Griechenland am Freitag ein weiteres Mal mit seinen Kreditgebern einigen wird. Langfristig sei ein Austritt Griechenlands aus dem Euro wahrscheinlich, sagte Sinn. Der Ökonom hält einen Schuldenschnitt für notwendig und einen zumindest vorübergehenden Euro-Austritt vor allem im Sinne des Landes selbst für die beste Lösung. "Ich würde den Griechen in dieser Zeit sogar ihren Platz im EZB-Rat lassen, wenn auch ohne Stimmrecht", sagte Sinn.
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February 19, 2015 06:00 ET (11:00 GMT)
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