
Das Ringen um Griechenlands Zukunft geht in eine womöglich entscheidende Runde: Finanzminister Gianis Varoufakis steht an diesem Freitag vor harten Verhandlungen mit seinen Kollegen aus der Eurozone. Neben Deutschland haben auch Portugal und Finnland den griechischen Hilfsantrag abgelehnt. Auf einer Sondersitzung (15.00 Uhr) in Brüssel geht es erneut um weitere Finanzhilfen für das von der Pleite bedrohte Land.
Varoufakis hatte am Donnerstag einen Brief an Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem geschickt. In Berlin stieß das Papier auf strikte Ablehnung. Portugal und Finnland mahnten die neue Athener Regierung zur Umsetzung bestehender Auflagen und struktureller Reformen. Frankreichs Premier Manuel Valls bezeichnete die griechische Erklärung indes als ermutigend. Griechenland selbst will nach jüngsten Äußerungen in der Sache hart bleiben. Gleichzeitig zeigte sich Athen optimistisch, dass eine Lösung gefunden wird.
'KEIN SUBSTANZIELLER LÖSUNGSVORSCHLAG'
"Der Brief aus Athen ist kein substanzieller Lösungsvorschlag", hatte der Sprecher von Finanzminister Wolfgang Schäuble, Martin Jäger, unmittelbar nach Eingang des Schreibens am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur gesagt.
Die Bundesregierung stößt sich daran, dass Athen lediglich eine "Brückenfinanzierung" beantrage, ohne eine Zusage, die Anforderungen des Programms zu erfüllen: "Das Schreiben entspricht nicht den am Montag in der Eurogruppe vereinbarten Kriterien", sagte Jäger.
GRIECHENLAND HOFFT AUF SECHSMONATIGE FRIST
In dem Schreiben an die Eurogruppe bittet der griechische Finanzminister Gianis Varoufakis um eine sechsmonatige Verlängerung der Finanzhilfen für das Krisenland - also faktisch bis Ende August.
Für das hochverschuldete Land wird die Zeit knapp: Am 28. Februar läuft das aktuelle Hilfsprogramm der Europäer aus. Ohne eine Verlängerung droht dem Land die Pleite.
Berlin verlangt auch eine Antwort auf die entscheidende Frage: Ist die neue Athener Regierung nun auch bereit, im Gegenzug für Hilfskredite weitere Auflagen der internationalen Geldgeber zu akzeptieren? Ohne ein verbindliches Bekenntnis dazu waren die Europartner bislang nicht bereit, Athen entgegenzukommen.
FINNLAND UND PORTUGAL LEHNEN GRIECHISCHEN VORSCHLAG AB
Portugals Finanzministerin Maria Luís Albuquerque forderte die vom Linksbündnis Syriza geführte griechische Regierung auf, Zusagen einzuhalten. "Es gibt einen Rahmen, in dem wir bereit sind, mit der griechischen Regierung zu diskutieren", sagte sie dem "Handelsblatt" (Freitag). Zugleich stellte Albuquerque jedoch klar: "Dieser Rahmen ist das laufende Hilfsprogramm, das verlängert werden sollte." Auch das frühere Euro-Krisenland Portugal habe nach dem Regierungswechsel 2011 Anpassungen an seinem damaligen Programm vorgenommen. "Dieser Weg steht auch Griechenland offen. (...) Wir wissen aus eigener Erfahrung, dass diese Maßnahmen hart sind", sagte die Ministerin.
Am Vorabend hatte der finnische Premierminister Alexander Stubb bereits den griechischen Vorschlag abgelehnt und sich der Meinung Schäubles angeschlossen. Finnland lehne das Papier Griechenlands unter anderem deshalb ab, weil es nicht auf die Fortsetzung struktureller Reformen setze, sagte er dem staatlichen Rundfunksender YLE.
BUNDESREGIERUNG SOLL SCHRIFTLICHE GARANTIEN FORDERN
Nach Angaben aus griechischen Verhandlungskreisen fordert die Bundesregierung unter anderem einen Verzicht auf bereits angekündigte Arbeitsmarkt- und Sozialreformen. Berlin will nach Angaben von griechischer Seite zudem, dass bestimmte Verpflichtungen klar schriftlich festgehalten werden. In griechischen Regierungskreisen hieß es zuvor, die Geldgeber würden den Inhalt des Antragsschreibens mit entsprechenden Zusagen zu 95 Prozent mittragen.
Griechenlands Regierung zeigte sich weiterhin optimistisch, dass es am Freitag in Brüssel eine Lösung im Schuldendrama geben könne. Sie müsse aber auf jeden Fall ihr Versprechen an das Volk einhalten, das von den Geldgebern vorgegebene Sparprogramm zu beenden, sagte Regierungssprecher Gavriil Sakellarides im griechischen Fernsehen.
EXPERTEN SIND SKEPTISCH
Volkswirte bleiben skeptisch: Ohne ein eindeutiges Bekenntnis zu
den mit den Geldgebern vereinbarten Reformen, insbesondere auf dem
Arbeitsmarkt, in der Verwaltung und in der Steuerpolitik, "werden
die Euro-Finanzminister einer Verlängerung des Hilfsprogramms nicht
zustimmen", schreibt Christoph Weil von der Commerzbank
ISIN DE000CBK1001
AXC0051 2015-02-20/10:26