Griechenland gibt die Richtung am
deutschen Aktienmarkt in der kommenden Woche vor: Wie entscheiden
die Euro-Finanzminister über die von Athen beantragte Verlängerung
des Hilfsprogramms? Kommt es zum "Grexit", also dem Ausscheiden der
Griechen aus dem Euro? Kompromisslosigkeit helfe niemandem, betont
Analyst Werner Bader von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) mit
Blick nach Brüssel. Sollte sich aber eine nachhaltige Lösung
abzeichnen, dürfte der Dax
Chefvolkswirt Jörg Krämer von der Commerzbank sagt: "Für eine Einigung muss Griechenland noch einen großen Schritt auf die Geldgeber zugehen." Der Ausgang des Kräftemessens wird aus seiner Sicht jedenfalls die Währungsunion verändern. Ein fauler Kompromiss würde die Reformer anderer Krisenländer schwächen und hohe Haushaltsdefizite endgültig salonfähig machen. Der Grexit könnte die Währungsunion langfristig stärken, sofern die Krise nicht massiv hochkocht, was unwahrscheinlich sei.
DAX PROFITIERT VON ABNEHMENDER UNSICHERHEIT
"Sofern die Vernunft siegt, gerade bei den griechischen Politikern, verschwindet ein wesentlicher Unsicherheitsfaktor - das dürfte deutlich höhere Kurse bringen", sagte Uwe Eilers von der Geneon Vermögensmanagement AG. Generell führt Unsicherheit an der Börse zur Käuferzurückhaltung und drückt damit die Kurse. Sollten Athens Regierungschef Alexis Tsipras und Finanzminister Gianis Varoufakis die Forderungen der Gläubiger weiter ablehnen, kann dem Marktexperten zufolge ein Austritt des hoch verschuldeten Landes aus dem Euro schnell über die Bühne gehen. Griechenland müsste zwar bald die Staatspleite ausrufen. Da aber die Kredite zumeist von Staaten und staatlichen Institutionen kommen, dürften wirtschaftliche Auswirkungen gering bleiben. Die Börsen dürften nach einem möglichen Rücksetzer wieder anspringen.
Auch die Krise in der Ukraine beherrscht die Märkte derzeit. Nach der Entscheidung um die Stadt Debalzewe scheinen die Kriegsparteien nun wirklich bereit, die schweren Waffen aus der vereinbarten Zone abzuziehen, hebt Eilers hervor. Demnach könnte das Minsker Abkommen eingehalten werden: "Auch das dürfte den Dax beflügeln."
FED-CHEFFIN YELLEN KÖNNTE BÖRSEN AUCH BEWEGEN
In den Blick der Börsianer rückt zudem die Chefin der US-Notenbank. Janet Yellen wird dem Bankenkomitee des Senats Rede und Antwort über die künftige Geldpolitik der Federal Reserve stehen. Chefvolkswirt Edgar Walk von Metzler hält größere Überraschungen für unwahrscheinlich. An den internationalen Aktienmärkten wird seit Monaten heftig über eine erste Leitzinserhöhung in den USA spekuliert. Zuletzt hatte es Hinweise auf eine möglicherweise spätere Zinswende in der größten Volkswirtschaft der Welt gegeben. Denn viele Notenbänker sorgten sich um wachsende Risiken aus dem Ausland für die Wirtschaft der USA.
Indes rahmen wichtige Wirtschaftsdaten aus Deutschland die Woche ein. So blicken die Experten der LBBW dem zum Wochenauftakt anstehenden Ifo-Geschäftsklimaindex mit Zuversicht entgegen: Sie erwarten den vierten Anstieg in Folge. Von den zuletzt überwiegend positiven Überraschungen durch Konjunkturdaten sollte in der Umfrage vor allem die Einschätzung der aktuellen Lage durch die Unternehmen profitieren. Am Freitag werden die vorläufigen Verbraucherpreise für Februar aus Deutschland veröffentlicht. Für Eilers spielen die Konjunkturzahlern aber diese Woche nur eine untergeordnete Rolle. Sie würden von der Politik und der Geldpolitik dominiert.
BERICHTSSAISON NICHT VERGESSEN
Last but not least dürften jede Menge Nachrichten aus der
Berichtssaison die Aufmerksamkeit der Börsianer binden. Am Mittwoch
legen unter anderem die Dax-Konzerne Fresenius
Analysten dürften ihre Gewinnschätzungen für deutsche Aktiengesellschaften schrittweise anheben, blickt Jürgen Hackenberg, Leiter Europäische Aktien bei der Fondsgesellschaft Union Investment, weiter positiv auf die Börsen. Der schwache Euro beflügele die Exportwirtschaft im Euroraum. Das treibt die im Dax schwer gewichteten deutschen Paradebranchen wie die Automobilindustrie und den Maschinenbau an. Hinzu komme der niedrige Ölpreis, der für einen konjunkturellen Schub in der Eurozone sorge. Die Börse bleibe für in- und ausländische Käufer interessant./fat/la/he
--- Von Frederik Altmann, dpa-AFX ---
ISIN DE0008469008
AXC0187 2015-02-20/17:24