
Bei den Tarifverhandlungen für die deutsche Metall- und Elektroindustrie stehen die Zeichen auf Einigung. Nach fast zehnstündigem Ringen sagte ein Sprecher der Metallarbeitgeber am späten Montagabend in Böblingen bei Stuttgart, die Gespräche seien auf "einem guten Wege". Es gebe eine Chance für einen Pilotabschluss für die Branche mit ihren 3,7 Millionen Beschäftigten. Die Sprecherin der IG Metall bestätigte dies und fügte hinzu, derzeit würden alle drei relevanten Themen - Altersteilzeit, Weiterbildung und Entgelt - im Zusammenhang erörtert. In die Verhandlungen waren auch die Spitzen von Gesamtmetall sowie der IG-Metall-Vorstand einbezogen.
Über Stunden hatten die Tarifparteien nur die Komplexe Altersteilzeit mit einer möglichen finanziellen Besserstellung unterer Entgeltgruppen sowie Einstieg in eine bezuschusste Weiterbildungsteilzeit erörtert. Die Gewerkschaftsforderung von 5,5 Prozent mehr Entgelt und das Arbeitgeber-Angebot von 2,2 Prozent standen erst nach einer Annäherung bei diesen Themen zur Diskussion.
Unmittelbar vor Beginn der vierten Tarifrunde im traditionellen Pilottarifbezirk Baden-Württemberg hatten beide Seiten ihren Einigungswillen bekräftigt. Mit den positiven Signalen für einen richtungweisenden Abschluss scheint ein großer Arbeitskampf in der Schlüsselbranche abgewendet. Eine mögliche Einigung war von einer Expertenkommission mit Fachleuten aus Südwest-Betrieben vorbereitet worden.
Beim Thema Altersteilzeit hatten die Arbeitgeber Bewegung gezeigt. Nach den Worten ihres Sprechers akzeptieren sie nicht nur einen Anspruch von besonders belasteten, sondern auch von nicht belasteten Beschäftigten, dem Arbeitsplatz vorzeitig den Rücken zu kehren. Bisher hatte es Südwestmetall mit Blick auf den durch die abschlagsfreie Rente mit 63 beschleunigten Fachkräftemangel strikt abgelehnt, auch solche Mitarbeiter in den Ruhestand zu entlassen, die "noch können, aber nicht mehr wollen".
Bislang können maximal vier Prozent der Belegschaft eines Betriebes in Altersteilzeit gehen. Vorrangigen Anspruch haben dabei langjährige Schichtarbeiter. Für sie ist eine Quote von bis zu 2,5 Prozent reserviert. Wird diese aber nicht voll genutzt, können die nicht Belasteten eine Quote von maximal 2,5 Prozent ausschöpfen. Die Arbeitgeber wollen die Quote für die besonders Belasteten ausweiten.
Im Arbeitgeberlager gab es Entgegenkommen in der Frage einer finanziell attraktiveren Ausgestaltung der Altersteilzeit für die unteren Entgeltgruppen.
Für eine Lösung des Tarifstreits in der vierten Runde legten nach Gewerkschaftsangaben bis zum Nachmittag knapp 100 000 Beschäftigte aus 480 Betrieben die Arbeit kurzzeitig nieder. Im Südwesten wurde mit 47 000 Warnstreikenden ein Teilnehmer-Rekord erzielt. Seit Beginn der Warnstreiks Ende Januar waren bundesweit rund 850 000 Metaller aus rund 3800 Betrieben in den Ausstand getreten.
Weitere Knackpunkt ist die von der Gewerkschaft geforderte bezuschusste Weiterbildungsteilzeit. Eine "Zwangsabgabe" für Qualifizierung - zumal ohne betrieblichen Bezug - lehnte Südwestmetall bislang ab. Die IG Metall argumentiert dagegen, dass sich viele Beschäftigte eine Qualifizierung nicht leisten können. Die Arbeitgeber setzen stattdessen auf Ansparmodelle für Zeit und Geld. So könnten Mitarbeiter Sonderzahlungen und Mehrarbeit horten, um sie für ihre Weiterbildung zu nutzen. Es ist gut möglich, dass bei diesem Element kein Pilotabschluss zustande kommt. Denn im Südwesten ist bereits die Regelung für Freistellungen großzügiger als anderswo./jug/DP/zb
ISIN DE0005190003 DE0007100000 DE0007664039 NL0000235190
AXC0005 2015-02-24/05:30