
Von Andreas Kißler
BERLIN--Finanz-Staatssekretär Steffen Kampeter hat vor der Telefonkonferenz der Euro-Finanzminister das Athener Einlenken im Schuldenstreit gelobt. "Die wichtige Botschaft sind nicht die Details in der Liste, sondern die wichtige Botschaft ist, dass wieder Recht und Ordnung in den Beziehungen in Europa hergestellt worden ist", sagte Kampeter dem Nachrichtensender N-24. Zuvor hatte die Regierung in Athen eine Liste mit Reformvorhaben bei der EU-Kommission in Brüssel vorgelegt.
Der CDU-Politiker hoffte auf eine breite parlamentarische Mehrheit für eine Verlängerung der Hilfen. Es handele sich nicht um neue Gelder, die ein "zusätzliches Risiko" bedeuteten, sondern um eine Verlängerung schon zugesagter Mittel. "Die geltenden Vereinbarungen müssen eingehalten werden", betonte er. Der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz, äußerte sich ebenfalls positiv. "Das ist relativ gut, was da jetzt vorgelegt worden ist", sagte er dem Sender.
Zustimmung kam auch aus der Opposition. "Die Liste aus Griechenland ist eine gute Grundlage für die Verlängerung des Programms", erklärte der Grünen-Budgetexperte Sven-Christian Kindler. Die griechische Regierung zeige damit deutlich, dass sie willens sei, gerechte und wirtschaftlich sinnvolle Strukturreformen anzugehen. "Sie macht deutlich, dass sie ernsthaft an die Steuerprivilegien der Oligarchen ran will und Steuerflucht sowie Korruption bekämpft."
Gemischte Reaktionen kamen hingegen aus der Wissenschaft. "Der Kompromiss zu Griechenlands Reformvorschlägen ist weise und zielführend", erklärte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher. Die Korruption zu bekämpfen, Steuereinnahmen zu erhöhen und die Bürokratie zu verbessern seien die richtigen Prioritäten. Auch eine Erhöhung der Ausgaben zur sozialen Sicherung und Armutsbekämpfung schwäche nicht die Reformen, sondern erhöhe ihre Legitimität und damit ihre Erfolgschancen.
Hingegen warnte der Vorstand des Centrums für Europäische Politik (cep), Lüder Gerken, vor einem drohenden Formelkompromiss. "In ihrer neuen Liste mit Reformplänen bekennt sich die griechische Regierung nur pro forma zum bisherigen Programm", meinte er. Die einzelnen Maßnahmen in der Reformliste seien jedoch denkbar schwammig formuliert. In den jetzt anstehenden Verhandlungen mit den Institutionen auf Fachebene stehe zu befürchten, dass Griechenland Reformverpflichtungen abschwächen könne. "Am Ende droht wieder ein typischer fauler Formelkompromiss."
Die griechische Regierung verpflichtet sich in der Reformliste zu umfangreichen Maßnahmen gegen Korruption, Schmuggel und Geldwäsche und verspricht eine Verbesserung des Haushaltsvollzugs. Die Liste, in die Dow Jones Newswires Einblick hatte, beinhaltet das ausdrückliche Versprechen, Privatisierungen nicht zurückzunehmen. Noch nicht auf den Weg gebrachte Privatisierungen will Athen aber überprüfen.
Die griechische Regierung will "auf die Schaffung einer neuen Kultur" der Erfüllung von Steuerverpflichtungen hinarbeiten und plant eine Reform der Mehrwertsteuer. Nach dem Athener Plan sollen schnell neue Gesetze für die Rückzahlung von Steuerschulden und Sozialversicherungsaußenständen beschlossen werden, um mehr Einnahmen in die Staatskassen zu bringen. Auch soll das Rentensystem umgestaltet werden.
Athen verspricht in dem Dokument zudem, Wettbewerbshindernisse zu beseitigen und die Regierungsausgaben zurückzufahren. Unter anderem ist in dem Papier die Rede von einer Verringerung der Anzahl der Ministerien von 16 auf zehn sowie einer Kürzung von Zuwendungen für Regierungsoffizielle und Abgeordnete wie Dienstwagen und -reisen.
Die Regierung des Linkspolitikers Alexis Tsipras kündigt in dem Papier aber auch Maßnahmen zur Armutsbekämpfung an und will unter anderem Essensmarken ausgeben.
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February 24, 2015 08:26 ET (13:26 GMT)
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