
Von Heide Oberhauser-Aslan
Die deutsche Chemieindustrie ist nach einem schwachen Schlussquartal mit Umsatz-, Produktions- und Preisrückgängen für das laufende Jahr noch pessimistischer geworden. Zwar rechnet der Verband der Chemischen Industrie (VCI) im Vergleich zum Vorjahr für 2015 weiter mit einem Produktionsplus von 1,5 Prozent. Mittlerweile geht Deutschlands drittgrößte Industriebranche aber nicht mehr von einem Umsatzplus 2015 aus, sondern von leicht rückläufigen Erlösen. Zudem wird ein stärkeres Absinken der Chemikalienpreise als bislang erwartet. Für den Branchenumsatz prognostiziert der VCI jetzt einen Rückgang um 0,5 Prozent auf 192,2 Milliarden Euro. Die Chemiekalienpreise werden um zwei Prozent niedriger erwartet als im Vorjahr.
Bislang hatte der VCI für 2015 die Einbußen bei den Chemikalienpreisen auf 0,5 Prozent veranschlagt. Der Branchenumsatz sollte noch um 1,5 Prozent zulegen.
Von der Ausweitung der Industrieproduktion in Deutschland und Europa hat die Chemieindustrie nach Angaben des Branchenverbandes im Schlussquartal nicht profitieren können. Der sinkende Ölpreis habe bei den Kunden Hoffnungen auf weiter fallende Chemikalienpreise geweckt, erläuterte der VCI. Sie hätten sich daher mit Bestellungen zurückgehalten und zunächst ihre Lagerbestände verringert.
In den Monaten Oktober bis Dezember haben die Chemieunternehmen ihre Produktion leicht gedrosselt. Nach Angaben des VCI ist sie im Vergleich zum Vorquartal um 0,3 Prozent gesunken, gegenüber dem Vorjahr lag der Rückgang sogar bei 0,8 Prozent. Die Erzeugerpreise für chemische und pharmazeutische Produkte gaben im Vergleich zum Vorquartal und Vorjahr um 0,9 Prozent nach.
Auslöser des jüngsten Preisverfalls waren die Turbulenzen an den internationalen Rohstoffbörsen. Auch für die Chemieunternehmen haben sich zwar die Rohstoffe verbilligt. Der starke Wettbewerb habe die Unternehmen aber gezwungen, die gesunkenen Rohstoffkosten rasch an die Kunden weiterzugeben, hieß es. Ein Fass Rohöl der Nordseesorte Brent kostete im vierten Quartal im Durchschnitt nur noch 76 Dollar. So niedrig war der Ölpreis zuletzt vor vier Jahren.
Der Chemieumsatz sank gegenüber dem dritten Quartal um 0,4 Prozent und gegenüber dem Vorjahr um 0,2 Prozent auf 44,3 Milliarden Euro. Die Erlöseinbußen waren nach Angaben des VCI nicht nur auf die gesunkenen Erzeugerpreise zurückzuführen. Auch die Absatzmengen seien rückläufig gewesen, weil die Kunden ihre Lager weiter abgebaut hätten. Im Inland erwirtschafte die Branche mit 16,9 Milliarden Euro 1 Prozent weniger als im Vorquartal. Auch die Geschäfte mit ausländischen Kunden haben enttäuscht. Mit 27,4 Milliarden Euro stagnierte der Auslandsumsatz auf dem Vorjahresniveau.
Da ein Großteil der deutschen Chemieexporte in den Euroraum exportiert wird habe die Branche nur wenig von der jüngsten Abwertung des Euro profitieren können, hieß es.
VCI-Hauptgeschäftsführer Utz Tillmann geht davon aus, dass die wirtschaftliche Erholung im Euroraum in den kommenden Monaten anhalten wird. Für die Chemieunternehmen bedeute das ein moderat wachsendes Geschäft in ihrem wichtigsten Absatzmarkt. Zusätzlich belebe der schwache Euro und der niedrige Ölpreis die Konjunktur. "Die wirtschaftliche Dynamik bleibt aber dennoch insgesamt niedrig", prognostizierte der Manager.
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February 25, 2015 04:00 ET (09:00 GMT)
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