
Von Andreas Kißler
BERLIN--Zum Schutz von Kleinanlegern am so genannten grauen Kapitalmarkt plant die Bundesregierung nach Worten von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD), "ein neues Koordinatensystem für diesen Markt" zu schaffen. Um ihre eigene Entscheidung zu treffen, bräuchten sie mehr Informationen als bisher. "Das ist ein völlig unzureichender Zustand, den wir im Moment haben", sagte Maas, der in der Regierung auch für den Verbraucherschutz zuständig ist, im Bundestag bei der ersten Lesung des neuen Kleinanlegerschutzgesetzes.
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Maas ziehen mit einem "Aktionsplan für mehr Verbraucherschutz im Finanzmarkt" vor allem die Lehren aus dem Fall Prokon. Sein Kernstück ist das Kleinanlegerschutzgesetz. Die Kunden am deutschen Finanzmarkt sollen damit nach dem Willen der Regierung künftig besser vor den möglichen Risiken von Anlagen geschützt werden.
Geplant sind mehr Publikationspflichten und stärkere Durchgriffsrechte der Bankenaufsicht BaFin an dem grauen Kapitalmarkt, an dem private Vermittler unter anderem Investitionen in Fondsmodelle und Immobilien anbieten. Dieser weitgehend unregulierte Markt ist vor allem durch die Insolvenz des Windkraftfinanzierers Prokon und daraus resultierende Verluste von Anlagen in Genussscheinen in Verruf geraten.
Finanz-Staatssekretär Michael Meister (CDU) sagte aber am Freitag im Parlament, das derzeitige "massive Niedrigzinsumfeld" verschärfe generell noch das Problem, dass Anleger ohne das nötige Risikobewusstsein in höher rentierliche Anlagen gingen.
Das geplante Gesetz sieht vor, dass die BaFin künftig auch dem Schutz der kollektiven Verbraucherschutzinteressen verpflichtet sein soll. Sie soll künftig Vertriebsverbote oder -beschränkungen für bestimmte Produkte verhängen und die Werbung für Produkte beschränken können. Die Behörde soll eingreifen können, wenn sie Missstände bei der Werbung ausmacht. Werbeaktionen in der U-Bahn wie die von Prokon sollen damit unmöglich gemacht werden.
Die Länder haben bereits Nachbesserungen an den Plänen verlangt. So haben sie gefordert, die BaFin "in ihrer Struktur und Ausstattung in die Lage zu versetzen, den Befugnissen und Aufgaben auch effektiv nachkommen zu können". Der Bundesrat regte in einer Stellungnahme auch die Einführung einer persönlichen Haftung für die Geschäftsführer der Anbieter von Vermögensanlagen in Fällen besonders schwerer Pflichtverletzung an.
Der Gesetzentwurf sieht zudem vor, dass künftig in den Verkaufsprospekten die Fälligkeit bereits begebener, noch laufender Vermögensanlagen angegeben werden muss. Die Gültigkeitsdauer für Anlageprospekte soll auf ein Jahr begrenzt werden, und Angaben über erhebliche negative Entwicklungen wie eine drohende Insolvenz sollen zwingend darin nachgetragen werden müssen. Als Lehre aus dem Fall Prokon soll auch für sämtliche Vermögensanlagen eine Mindestlaufzeit mit ausreichender Kündigungsfrist eingeführt werden.
Meister betonte, die Große Koalition sei zu Ausnahmen bereit, mit Blick auf die Prospektpflicht etwa für Genossenschaften und im Falle sozialer und gemeinnütziger Zwecke, und auch mit Rücksicht auf die so genannte Schwarmfinanzierung im Internet. Mehrere Regelungen sollten später noch einmal überprüft werden.
"Unser Ziel ist es, aus Sicht des Anlegers klarzumachen, wer ist ein seriöser Anbieter und wer ist ein weniger seriöser Anbieter", erklärte er. "Wir glauben nicht, dass wir die Menschen ändern können, und deshalb wird es auf dem Markt auch immer Seriöse und weniger Seriöse geben."
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February 27, 2015 09:12 ET (14:12 GMT)
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