(Aussagen aus der Pressekonferenz)
DARMSTADT (dpa-AFX) - Der Darmstädter Pharma- und Chemiekonzern Merck hängt immer stärker von aufstrebenden Industrienationen ab. Der Anteil der Wachstumsmärkte in Asien und Lateinamerika am Umsatz war im vergangenen Jahr erstmals der größte Brocken in der Konzernbilanz, noch vor Europa. Viele dieser Märkte legen zwar stark zu, doch könnte eine steigende Abhängigkeit von den Schwellenländern auch Probleme mit sich bringen.
Konzernchef Karl-Ludwig Kley beklagt etwa politische Hürden, die für Merck dort oftmals bestehen. "Protektionismus ist ein ernsthaftes Thema", sagte Kley am Dienstag bei der Vorlage der Jahreszahlen in Darmstadt.
2014 waren die Schwellenländer der wichtigste Wachstumstreiber: Der Umsatz kletterte dort aus eigener Kraft um mehr als neun Prozent. Im zweitwichtigsten Markt Europa stagnierten die Erlöse nahezu. Besonders wichtig seien für Merck Taiwan und Korea, sagte Kley. Dort werden hohe Umsätze mit Flüssigkristallen für LCD-Displays von Fernsehern und Handys erzielt. Die Türkei und Brasilien seien ebenfalls bedeutende Märkte, auch China weise ein deutlich überproportionales Wachstum auf.
Doch die Konjunkturentwicklung in China schwächt sich langsam ab, auch Brasilien hat Probleme. Die internationale Lage macht Konzernchef Kley nachdenklich: "Geopolitisch geht es ja drunter und drüber und makroökonomisch ist so Einiges außer Kraft gesetzt." Im Niedrigzinsumfeld und angesichts der zahlreichenKonflikte bleibt Merck beim Ausblick auf 2015 vorsichtig. Das Unternehmen erwartet, dass Umsatz und der bereinigte operative Gewinn (Ebitda vor Sondereinflüssen) jeweils leicht zulegen. Der Wert könne jedoch auch lediglich auf dem Niveau von 2014 bleiben.
Im vergangenen Jahr kurbelte das Wachstum in den Schwellenändern die Erlöse aber noch kräftig an: Der Umsatz ohne Lizenz- und Provisionseinnahmen kletterte im Jahresvergleich um 5,5 Prozent auf 11,29 Milliarden Euro und damit etwas stärker als vom Unternehmen und von Analysten erwartet. Der um Sondereffekte bereinigte operative Gewinn (Ebitda vor Sondereinflüssen) lag ebenfalls leicht über den Schätzungen. Unterm Strich ließen aber vor allem höhere Steuern den Gewinn um 3,7 Prozent auf rund 1,16 Milliarden Euro sinken. Aktionäre können sich dennoch freuen: Die Dividende soll um 5 Cent auf 1,00 Euro steigen.
Das Geschäft mit rezeptpflichtigen Medikamenten bleibt für Merck der wichtigste Umsatzbringer: Die Sparte Merck Serono mit Krebsmitteln wie Erbitux, dem Unfruchtbarkeitsmedikament Gonal-f oder dem Verkaufsschlager Rebif gegen Multiple Sklerose erwirtschaftete mehr als die Hälfte des Umsatzes. Das bestverkaufte Mittel Rebif wird mit Spritzen verabreicht. Doch nun gingen die Verkäufe durch Konkurrenzmittel zum Schlucken leicht zurück. Bei der Erforschung und dem Vertrieb von Krebsmedikamenten arbeitet Merck künftig mit dem schwächelnden Pharmariesen Pfizer zusammen.
Im Laufe dieses Jahres rückt dann die Sparte für Laborausstattung und -chemikalien in den Fokus. Mitte 2015 soll der Kauf des US-Laborzulieferers Sigma-Aldrich abgeschlossen werden. Mit einem Preis von 17 Milliarden US-Dollar ist es die bislang größte Übernahme in der Firmengeschichte. Das dürfte den Umsatz mit Produkten für Labore und Forschungseinrichtungen voranbringen.
Sollte der Sigma-Aldrich-Kauf gelingen, rechnet der Konzern mit einem Umsatzwachstum der Sparte und im Gesamtkonzern im zweistelligen Prozentbereich. Der operative Gewinn (Ebitda vor Sondereinflüssen) im Gesamtkonzern dürfe dann stark wachsen, in der Sparte dürfte das Wachstum zweistellig sein./fri/stk/fbr
ISIN DE0006599905
AXC0129 2015-03-03/12:36