
Von Christian Grimm
Die Abschaffung des Solidaritätszuschlages wird seit Jahren immer wieder gefordert. Der neueste Vorstoß von CDU und CSU setzt auf ein schrittweises Abschmelzen der Steuer ab 2020. Kommt es wie von der Spitze der Union angedacht, wird der Soli, der einst zur Finanzierung der Kosten der deutschen Einheit eingeführt wurde, erst im Jahre 2030 abgeschafft sein.
Die Regierung denkt also in langen Zyklen. Würde der Soli innerhalb eines Jahre komplett abgeschafft, könnten sich vor allem die Angestellten freuen. Mit zehn Milliarden Euro zahlten sie 2014 zwei Drittel des Soli-Aufkommens von 15 Milliarden. Für die Unternehmen brächte ein Wegfall des Soli dagegen nur geringe Entlastungen.
Über 200 Euro weniger Steuern
Ein alleinstehender Durchschnittsverdiener mit einem Jahresbruttogehalt von 30.000 Euro würde beim kompletten Wegfall der Steuer nach Berechnungen des Steuerzahlerbundes 214 Euro pro Jahr weniger an den Fiskus berappen müssen. Ab einem Bruttoeinkommen von 42.000 Euro läge die Ersparnis bei 390 Euro. Ehepaare mit einem gemeinsamen Verdienst von brutto 60.000 Euro könnten sich über 322 Euro mehr im Portemonnaie freuen.
Angesichts der gut gefüllten Staatskasse will der Präsident des Steuerzahlerbundes keine lange Übergangsfrist beim Soli-Aus. "Erst in fünf Jahren mit dem Abbau zu beginnen, heißt für mich: aufgeschoben ist wie aufgehoben", beschwert sich Reiner Holznagel. Er argumentiert, dass immer weniger Geld in den Aufbau Ost fließt und der 2001 vereinbarte Solidarpakt II zur Stärkung der Wirtschaftskraft in den neuen Bundesländern Ende 2019 ausläuft.
Wirtschaft könnte knapp 4 Milliarden sparen
Die Wirtschaft teilt die Argumentation des Steuerzahlerbundes. Nach den Zahlen des firmennahen Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) kassierten die Finanzämter im letzten Jahr rund 3,8 Milliarden Euro von Unternehmen und Selbstständigen über den Soli-Zuschlag. Zum Vergleich: Die Körperschaftssteuer bringt dem Staat 20 Milliarden, die Gewerbesteuer 44 Milliarden. "Der Bund kann in Zeiten von Überschüssen auf das Geld verzichten und es an die Wirtschaft zurückgeben", verlangt IW-Steuerexperte Ralph Brügelmann.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) könnte hingegen mit dem von CDU und CSU vorgesehenen Zeitplan leben. "Die Überlegungen, den Solidaritätszuschlag ab 2020 abzuschmelzen, sind vernünftig. Ohnehin erfüllt der Solidaritätszuschlag sein ursprüngliches Ziel nicht mehr", sagt BDI-Hauptgeschäftsführer Markus Kerber. Ab dem Jahr 2019, wenn der derzeit gültige Solidarpakt ausläuft, stehe die Steuer ohnehin verfassungsrechtlich auf wackeligen Füßen. "Auf eine derart unsichere Grundlage sollten die öffentlichen Haushalte nicht aufbauen", erklärt der BDI-Chef.
Der Soli war 1991 als zusätzliche Einnahmequelle für den Aufbau der neuen Bundesländer eingeführt worden. Mittlerweile nimmt der Bund aber wesentlich mehr Geld ein, als er für den Osten ausgibt. Wegen dieser Lücke fürchtet die Große Koalition, dass das Bundesverfassungsgericht die Steuer kippen könnte.
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March 04, 2015 09:15 ET (14:15 GMT)
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