
13. März 2015. Nach Ansicht Halvers versucht die EZB weiterhin den Euro abzuwerten, während sich in den USA eine Zinswende ankündigt.
Bislang hatte die EZB ihre Bazooka nur geladen, seit vergangenen Montag schießt sie auch scharf. Mit ihrem Anleiheaufkaufprogramm verfolgt sie drei Ziele. Das erste Ziel ist die Deflationsbekämpfung. Der aktuelle Preisrückgang ist dabei ein willkommenes Alibi, um eine Liquiditätsschwemme loszutreten. Schließlich will die EZB nicht riskieren, dass Investoren mit der Aussicht auf noch geringere Preise für Güter und Dienstleistungen ihre Investitionsentscheidungen und Verbraucher ihre Kaufentscheidungen zeitlich immer weiter hinauszögern und die Wirtschaft der Eurozone die japanische Krankheit befällt.
Das deutlich wichtigere Ziel der EZB - obwohl es nach der Geschäftsordnung der EZB eigentlich ein Sekundärziel sein sollte - ist die Ankurbelung der Konjunktur, insbesondere in der Euro-Peripherie. Zwar lässt die Kreditvergabe den dramatischen Einbruch in Folge der Euro-Krise allmählich hinter sich. Im Vorjahresvergleich ist sie jedoch noch immer klar rückläufig.
Die EZB und ihr Präsident verteilen schon jetzt Vorschusslorbeeren und sind vom Erfolg ihrer Liquiditätsmission fest überzeugt. Und tatsächlich, die vom Finanzdaten-Anbieter Sentix ermittelten Konjunkturerwartungen der großen Finanzinvestoren für die Eurozone belaufen sich auf den höchsten Stand seit neun Jahren. Fraglich ist allerdings, ob die harten Fakten diesen Eindruck bestätigen. Denn wettbewerbsschwache Standortqualitäten - eine Folge der hartnäckigen Reformrenitenz - beeinträchtigen die Zurückzahlbarkeit von Krediten. Der wirtschaftliche Boden ist schlicht nicht fruchtbar genug für umfangreiche Kreditausleihungen. Zudem verfügen Banken u.a. in Spanien noch über hohe Kredit-Altlasten in ihren Bilanzen, für die sie darüber hinaus kostbares Eigenkapital vorhalten müssen. Überbordende Liquidität und geringe Zinsen sind kein Garant für wirtschaftlichen Erfolg.
Um ein konjunkturelles Scheitern des Euro-QE zu verhindern, dürfte die EZB im Zeitablauf verstärkt kreditbesicherte Anleihen (ABS) aufkaufen und schließlich auch vor schlechten Hypothekenkrediten nicht Halt machen. Auf diese Weise hat bereits die US-Notenbank der US-Kreditwirtschaft auf die Sprünge geholfen. Erst wenn der Bestand an Kreditaltlasten in den Bankbilanzen spürbar reduziert wurde, werden Banken zu einer weiteren Kreditvergabe bereit sein. Mit dieser strukturellen Änderung ihrer Aufkaufaktivitäten würde die EZB nicht zuletzt dem Dilemma entgehen, noch mehr Staatsanleihen mit zunehmenden Negativrenditen aufnehmen zu müssen - in Deutschland mittlerweile bis zum Laufzeitbereich von 7 Jahren - bei denen noch nicht geklärt ist, wer die entstehenden Verluste tragen muss.
Das inoffizielle Ziel der EZB ist die Euro-Abwertung
Das dritte Ansinnen der EZB - offiziell würde dies niemand zugeben - ist die Euro-Abwertung zur Unterstützung der Exportwirtschaft im Gemeinschaftswährungsraum. Und in dieser Disziplin ist die EZB bereits sehr erfolgreich. Der Abschwächungstrend wird sich bis zum Jahresende fortsetzen. Bis dahin ist die Parität zum US-Dollar zu erwarten.
Abwertungskatalysator hierfür sind die niedrigen und noch weiter fallenden Staatsanleiherenditen in der Eurozone. Anleger aus dem Euro-Raum sind angesichts in der Eurozone abgeweideter Zinspotenziale regelrecht auf der Jagd nach Rendite. Bei Staatsanleihen außerhalb der Eurozone werden sie fündig. Bereits aus reiner Renditesicht kommt Zehnjahres-Staatsanleihen aus den USA und Großbritannien mehr Attraktivität zu. Berücksichtigt man auch noch die zu erwartenden Währungsgewinne, nimmt deren Renditeaussicht nochmals deutlich zu. Aufgrund dieser Portfolioumschichtungen nährt sich die Euro-Baisse von allein: Zunehmende Währungsgewinne machen Euro-fremde Anlagen zunehmend lukrativer.
US-Arbeitsmarkt spricht die Zinserhöhungssprache
Der sich im Zeitablauf festigende Stellenaufbau in den USA spricht für eine Leitzinswende der Fed. Insbesondere im Dienstleistungssektor, der zu rund 75 Prozent die US-Wirtschaft repräsentiert, ist im Sechs-Monats-Durchschnitt ein klarer Aufwärtstrend festzustellen. Der robuste ISM Subindex für die Beschäftigungsplanung im US-Dienstleistungsgewerbe deutet zudem klar auf eine positive Trendfortsetzung hin. Das Glaubwürdigkeitsproblem der US-Notenbank
Dabei ist Fed-Chefin Yellen Gefangene der eigenen Zinserhöhungsabsichten, die sie maßgebend von der Datenlage auf dem US-Arbeitsmarkt abhängig macht. Die dortige Besserung wird sie nicht mehr lange ignorieren können.
Mittlerweile jedoch verunsichert die langatmige Debatte über das "wann" und "mit welcher Dynamik" einer Zinswende die US-amerikanischen Finanzmärkte und in Form einer starken Dollar-Aufwertung auch die Schwellenländer.
Wünschenswert wäre es also, wenn die Fed auf ihrer Sitzung am 17. und 18. März die Zinswende verbal einleitete und dann im September vollzöge. Diese Klarheit, kombiniert mit dem Signal, dass sie anschließend eine abwartende Zinshaltung einnimmt, würde Marktbefürchtungen vor dramatischen Zinserhöhungen deutlich entgegenwirken. Frau Yellen könnte die Inflationsprojektionen der Fed für die kommenden Jahre passiver formulieren, auf die Restriktionen eines zinssteigerungsbedingt zu starken Dollars auf die US-Exportwirtschaft hinweisen und somit die Bedingungen für weitere Zinserhöhungen verschärfen.
Nicht zuletzt käme sie damit den für die Weltwirtschaft so bedeutenden Schwellenländern entgegen. Diese leiden vor allem unter der Dollar-Befestigung, da sie in dieser Währung stark verschuldet sind. Schüfe die Fed also für die Finanzmärkte klare Fakten, dass eine große US-Zinswende eine Mär ist, wäre ein markantes Marktrisiko deutlich reduziert.
von Robert Halver, Baader Bank AG
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© 13. März 2015
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