
Liebe Leserin, lieber Leser,
wenn ich mit Lesern ein mögliches Investment diskutiere, dann versuche ich auch, Fehler in meiner eigenen Argumentationskette zu finden. Das bringt uns Sterbliche meiner Ansicht nach weiter als das Gegenteil (= Fakten suchen, welche die eigene Position bestätigen). Gilt nicht nur für die Märkte, sondern generell…
Und mono-kausale Argumentationsketten behagen mir nicht recht. Mir ist es lieber, eine Vielzahl von Indikatoren zu berücksichtigen. Natürlich, die können sich auch widersprechen. Dann geht es darum, abzuwägen.
Einer dieser Indikatoren, die viele nicht im Blick haben, ist die "Zyklik".
In der Natur bewegen sich die Dinge in Zyklen…unsere eigenen Körper ebenso…warum sollte dieser Punkt also an den Börsen unwichtig sein?
Aus diesem Grund habe ich eben z.B. in ein Buch der umfangreichen Auflistung zyklischer Daten zu den Finanzmärkten geschaut.
Kennen Sie vielleicht: "Das Börsenbuch", vor einigen Monaten erschienen.
Auf ca. 500 Seiten Untersuchung und Aufbereitung zahlreicher Börsenzyklen
Ein Buch, welches sich weniger zum "lesen" als vielmehr zum "nachschlagen" eignet.
Ein Beispiel: Die Autoren Thomas Müller und Alexander Coels haben den DAX-Jahreszyklus auf Tagesbasis aufbereitet.
Den DAX selbst gibt es bekanntlich erst seit dem 1. Juli 1988 - damals wurde der 31.12.21987 als Basis für den festgelegten Startwert von 1.000 Punkten genommen.
Die Autoren haben auf Basis der damals im Index enthaltenen Aktien die Performance des DAX bis zum 30. September 1959 zurückgerechnet (Fleißarbeit!).
Ziel der Arbeit war es, herauszufinden, wie sich der DAX auf Basis dieser Daten im Jahreszyklus verhalten hat.
Viele Tabellen/Grafiken, wenig Text: Das Boersenbuch, neues Standardwerk zu Zyklen.
Das Ergebnis ist durchaus interessant:
Es gibt eindeutig Monate, welche im Durchschnitt dieser Daten (seit 1959) besser abschneiden als andere.
So waren bei 54 oder 55 untersuchten Monaten z.B. 35 Mal der Januar und der November Monate mit positiver Performance. Im Januar erzielte der DAX im Durchschnitt seit 1959 einen Gewinn von 1,48%. Im Dezember lag der Zuwachs bei durchschnittlich 1,42%.
Vorsicht im Spätsommer/Frühherbst hingegen:
- Der August brachte im Durchschnitt -0,08%
- der September -1,83%
Das sind Durchschnittswerte, also keineswegs muss es dieses Jahr wieder so sein.
Andererseits sind seit 1959 beobachtbare Zyklen durchaus ein Hinweis darauf, wie es in den nächsten Jahren wieder kommen könnte.
Wenn so ein Zyklus die eigene Positionierung stützt - umso besser!
Wenn nicht: Es kann sich durchaus lohnen, die eigene Positionierung nochmals besonders kritisch zu prüfen…
DAX: Zyklen-Portfolio eine Überlegung wert?
Schlussfolgerung aus den zyklischen Daten kann z.B. ein "Zyklen-Portfolio" sein, in welchem z.B. immer nur von Oktober bis April investiert wird. Oder ein "Zyklen-Porfolio", bei welchem Ende Juli der Ausstieg erfolgt (um August/September zu meiden) - und im Oktober wieder investiert wird.
Laut Das Börsenbuch hätten sich solche Zyklen-Portfolios im historischen Rückblick besser entwickelt als der Gesamtmarkt. Natürlich keine Garantie für die Zukunft, denn an der Börse ist nichts sicher. Aber vielleicht ein durchaus beachtenswerter Aspekt.
Mit herzlichem Gruß!
Ihr
Michael Vaupel