Von Elizabeth Dwoskin
NEW YORK (Dow Jones)--Um das wachsende Aufkommen gesundheitsbezogener persönlicher Daten zu Geld zu machen, hat sich eine Allianz ungleicher Partner zusammengefunden. Der IT-Dienstleister IBM hat eine Partnerschaft mit Apple, dem Pharmakonzern Johnson & Johnson sowie dem Medizintechniker Medtronic enthüllt und die Übernahme zweier auf medizinische Daten spezialisierte Softwarefirmen verkündet.
Unter dem Namen Watson Health wendet International Business Machines (IBM) seine Erfahrungen in der Datenverarbeitung auf dem sensiblen Feld der Gesundheitsfürsorge an. Die Maßnahmen sind Teil einer sich noch in der Entwicklung befindlichen Strategie, Daten von zahlreichen Firmen wie etwa auch Twitter oder auch dem Weather Channel zusammenzulegen und zu analysieren. Das Ziel ist es, eine neue Generation von Apps für Patienten und Anbieter zu schaffen.
Bislang liegen medizinische Daten bei den verschiedenen Unternehmen aus der Technologie- oder Gesundheitsbranche. Nach und nach setzen die Firmen aber auf den Erkenntnisgewinn und die geschäftlichen Möglichkeiten, wenn diese Daten zusammengelegt werden. Der Ansatz von Watson Health ist es, riesige Mengen von Patientendaten auszuwerten, um den Menschen individualisierte Angebote zu machen, die ihnen besser helfen und gleichzeitig zu geringen Kosten im Gesundheitssystem führen. Die Vereinbarung sieht vor, dass Umsätze aus den Apps, die Apple, Johnson & Johnson und Medtronic verkaufen, mit IBM geteilt werden.
Die nun formierte Allianz ist nicht die einzige. Beispielsweise ergreift Optum Labs gemeinsam mit UnitedHealth und Mayo Clinic ähnliche Maßnahmen. Forscher werten Daten von Kliniken und Versicherungen aus, um Muster zu erkennen, die auf frühe Krankheitsindikatoren schließen lassen und dabei helfen, maßgeschneiderte Behandlungen anzubieten. Die von Präsident Barack Obama dieses Jahr ins Leben gerufene Initiative Precision Medicine wird genetische Daten mit Informationen von Fitness-Tracker-Geräten kombinieren.
Die große Frage sei, wie sich das Gesundheitssystem in Richtung von maßgeschneiderten Beratungsleistungen entwickeln kann, sagte Robert Wachter, Vorstandsmitglied der medizinischen Fakultät der University of California und Autor des Buches "The Digital Doctor". Die von Watson Health produzierten Apps, so Wachter, könnten Ärzte in die Lage versetzen, eine Behandlung für einen bestimmten Patienten basierend auf dem Erbgut und dem Fitness-Level einer großen Anzahl ähnlicher Patienten zu entwickeln. Bis es so weit ist, könnte es aber noch Jahre dauern.
Die Data-Mining-Technologie Watson von IBM hat bereits beeindruckende Resultate zutage gefördert, etwa als Watson 2011 das TV-Quiz Jeopardy gewann, aber bedeutende Umsätze wurden damit noch nicht erzielt. Datenmengen in zählbare Ergebnisse zu verwandeln ist mit erheblichem Aufwand verbunden, insbesondere im Gesundheitssektor. Projekte dieser Art kommen bislang nur schleppend voran. "Leute, die davon ausgehen, dass es so schnell gehen wird wie bei den Shopping-Empfehlungen bei Amazon, haben die massive Komplexität nicht verstanden", so Wachter.
Alle Partner von Watson Health werden Daten zum Pool beitragen. Es sollen aber nur Daten von Patienten weitergegeben werden, welche ihr Einverständnis gegeben haben. Außerdem soll es nicht möglich sein, die Patienten anhand der Daten zu identifizieren.
Apple wird Informationen zu Fitness, Ernährung, Pulsschlag und anderen Dingen weitergeben, die auf iPhone und iPad laufende Apps sammeln. Im Gegenzug kann Apple mit den Apps, die auf Unternehmen der Gesundheitsbranche zugeschnitten sind und die IBM etwa an Kliniken verkauft, eine größere Marktdurchdringung erreichen.
Auch Johnson & Johnson sowie Medtronic werden Daten bereitstellen. Die stammen von medizinischen Geräten für Patienten, die etwa an Diabetes erkrankt sind oder sich von einer Operation erholen.
IBM wird zum Datenpool durch Explorys und Phytel beitragen, zwei Unternehmen, die über klinische Informationen von mehr als 50 Millionen Patienten verfügen. IBM wird die Daten in einer sogenannten "Health Cloud", einem Netzwerk, das die Datenschutzvorgaben erfüllt, speichern und analysieren. Die sensiblen Daten werden verschlüsselt, um Hacker fernzuhalten.
IBM wird gemeinsam mit Johnson & Johnson und Medtronic Gesundheits-Apps für Patienten entwickeln. Zum Beispiel könnte ein Patient, der eine Prothese von Johnson & Johnson erhalten hat, eine persönliche Coaching-App herunterladen. Diese könnte dem Patienten im Rahmen der Reha eine personalisierte Beratung anbieten und die Fortschritte melden, erläuterte Sandra Peterson, Topmanagerin bei J&J.
"Das Gesundheitssystem ist stark fragmentiert, und Daten werden nur in sehr begrenztem Umfang weitergegeben; die Ergebnisse sind nicht akzeptabel und die Kosten sind komplett inakzeptabel", sagte John Kelly, Senior Vice President von IBM. "Die Gesundheitsfürsorge basiert immer stärker auf Informationen und da sehen wir den Ansatz für IBM".
Das meint auch der Arzt Wachter. IBM sei gut positioniert, solche Apps bereitzustellen. Seiner Ansicht nach seien die Daten bei IBM in guten Händen, anders als wenn etwa Versicherungen ihre Daten mit denen von Behandlungsunterlagen zusammenführen würden.
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April 14, 2015 01:59 ET (05:59 GMT)
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