Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Die von der Europäischen Zentralbank (EZB) verhängten Strafzinsen auf Einlagen bei der Zentralbank gelten auch für die Bundesregierung. Das haben Bundesfinanzministerium und Bundesbank jetzt klargestellt. Die EZB hatte zuvor in ihrem Jahresbericht für 2014 kritisiert, dass nicht alle nationalen Zentralbanken diese Regel anwenden, weshalb das Verbot der monetären Staatsfinanzierung nicht vollständig befolgt werde.
"Für Einlagen auf diesem Konto wird aktuell ein Entgelt in Höhe des Satzes der Einlagenfazilität von 0,20 Prozent erhoben, das heißt, wie alle anderen Anleger bei der Bundesbank gelten auch für den Bund negative Zinsen in Höhe des von der EZB festgelegten Einlagenzinssatzes", sagte eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums.
Der EZB-Satz auf Bankeinlagen ist seit Juni 2014 negativ. Im September wurde er von minus 0,10 auf minus 0,20 Prozent gesenkt. Mit diesen Maßnahmen hat die EZB einige Marktzinsen in den negativen Bereich gedrückt. Vor allem aber müssen Banken auf Anlagen, die über die geforderte Mindestreserve hinausgehen, Zinsen zahlen. Bei den nationalen Zentralbanken haben aber nicht nur Geschäftsbanken des Landes, sondern auch die Regierungen Konten.
Für Banken, aber auch Versicherer sind die negativen Zinsen der EZB zunehmend ein Ärgernis. Banken beraubt die Zinspolitik der EZB zunehmend einer wichtigen Einnahmequelle, Versicherer finden immer weniger Anlagen, mit denen sie ihre zum Teil langfristigen Zahlungszusagen erfüllen können. Einige Regierungen aber, so zeigt die aktuelle Untersuchung der EZB, haben sich Sonderkonditionen bei ihrer Zentralbank gesichert.
Erhebt eine nationale Zentralbank von ihrer Regierung keine oder keine ausreichend hohen Einlagenzinsen, stellt das einen Verstoß gegen die Artikel 123 und 124 des EU-Vertrags und die dazugehörigen Vorschriften dar. Dabei handelt es sich um jene Artikel, die es den Zentralbanken des Euroraums verbieten, Regierungen Überziehungskredite einzuräumen, ihnen Anleihen direkt abzukaufen oder einen privilegierten Zugang zu Finanzinstituten zu ermöglichen.
Um das zu verhindern, wurde eine entsprechende EZB-Leitlinie geändert, die die Bundesbank auch pflichtschuldig umgesetzt und in ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen eingearbeitet hat. Sie besagen folgendes: Einlagen des Bundes von mehr als 0,04 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) werden nicht verzinst, wenn der EZB-Einlagensatz positiv ist. Wird der Einlagensatz negativ, muss der Bund diesen Satz für Einlagen von mehr als 0,04 Prozent des BIP an die Bundesbank zahlen.
Dieser Einlagensatz (derzeit 0,20 Prozent) wird aber auch für Einlagen unterhalb des Schwellenwerts fällig, wenn neben dem EZB-Einlagensatz auch der Marktzinssatz EONIA negativ ist. Da das schon seit einiger Zeit der Fall ist, zahlt der Bund auf alle seine Anlagen Zinsen in Höhe des EZB-Einlagensatzes von 0,20 Prozent.
Welche Zentralbanken sich nicht regelkonform verhalten, wollte die EZB auf Nachfrage nicht verraten. Neben der Bundesbank versichern aber auch Banque de France, Banca d'Italia und Banco d'Espana, die neuen Regeln korrekt anzuwenden.
Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com
(Mitarbeit: Andreas Kißler, William Horobin, David Roman und Giada Zampano)
DJG/hab/cln
(END) Dow Jones Newswires
April 21, 2015 07:40 ET (11:40 GMT)
Copyright (c) 2015 Dow Jones & Company, Inc.