22. April 2015. Deutsche Bluechips, Öl und Euro/US-Dollar dominieren im Handel mit Zertifikaten. Der ganz große DAX-Optimismus ist allerdings dahin.
Viele neue DAX-Rekorde in den vergangenen Wochen und der Einbruch am deutschen Aktienmarkt zum Wochenende hin prägen Händlern zufolge in besonderem Maße den Zertifikate-Handel. "Die Umsätze mit DAX-Produkten sind hoch, wobei Anleger nach wie vor tendenziell bullish sind", berichtet Simon Görich von der Baader Bank.
"Beliebteste Basiswerte sind bei uns DAX, Rohöl und der Euro/US-Dollar-Kurs", bekräftigt Atakan Sahin. Den Schwächeanfall beim deutschen Aktienindex führt der Händler von der ICF Bank auf die wiederaufkochenden Spekulationen über einen möglichen Austritt Griechenlands aus der gemeinsamen Währung zurück. "Aufgrund der bestehenden Unsicherheit hinsichtlich der weiteren DAX-Entwicklung stehen kurzfristige Investments im Vordergrund." Je nach Nachrichtenlage würde etwa ein 12x Long Faktor-Zertifikat auf DAX (WKN VZ9L12) rege hin und hergehandelt.
Brent bevorzugt
"Seit vier Monaten gehören bei unseren Kunden Ölprodukte zu den beliebtesten Werten", meldet Anouch Wilhelms von der Commerzbank. Viele Medienberichte und Expertenmeinungen über die Chancen auf eine Erholung am Ölmarkt erhöhten die Nachfrage nach Öl-Derivaten. "Zertifikate sind die einzige Möglichkeit, um an steigenden oder fallenden Ölpreisen zu partizipieren", erklärt Wilhelms. Investoren bevorzugten derzeit die Nordseesorte Brent und setzten dabei verstärkt auf Faktor-Zertifikate, die von steigenden (WKN CR5JL9) oder fallenden Kursen (WKN CZ6LL0) profitierten. Bei beiden alle drei Monate kündbaren Werten werden dem Anleger sowohl Preisschübe als auch Verluste sechsfach angerechnet.
Ölpreisentwicklung unklar
"Öl bleibt ein heißes Thema", bestätigt Sahin. Bei ICF-Kunden würden beispielsweise Turbo Calls auf Brent auf beiden Seiten sehr stark gespielt. Nach dem höchsten Preisanstieg innerhalb einer Woche seit mehreren Jahren erwartet Eugen Weinberg übrigens eine baldige Korrektur des jüngsten Auftriebs bei Öl. Fundamental lässt sich der Preissprung nach Auffassung des Rohstoffexperten der Commerzbank nicht erklären. Der Markt bleibe aufgrund einer kräftig gestiegenen OPEC-Ölproduktion trotz Nachrichten eines fallenden Ölangebots aus den USA deutlich überversorgt.
Die Ölpreise sind auf Wochensicht um fast 10 Prozent gestiegen. Beide Ölsorten erreichten mit 65 US-Dollar pro Barrel für Brent und 57,5 US-Dollar für WTI die jeweils höchsten Preisniveaus seit Dezember 2014.
DAX-Erwartungen uneinheitlich
Am Mittwochmittag notiert der DAX bei 11.866 Punkten und damit deutlich unterhalb der in der Vorwoche erreichten 12.316 Punkte. Diese Entwicklung spürt Wilhelms im Handel mit DAX-Werten. "Auffällig viele Anleger positionieren sich auf der Short Seite." Besonders häufig wandere etwa das Short DAX-Zertifikat (WKN CZ23RB) ohne Hebel in die Depots. Gleichzeitig spricht Görich von überwiegenden Positionierungen in einem zweifach gehebelten Zertifikat auf den DAX-Future (WKN CZ93KZ), der von steigenden Kursen profitiert. DAX Bonuszertifikate (WKN CR78D9) mit kleinem Sicherheitspuffer nach unten würden indes tendenziell abgestoßen.
"Anleger haben derzeit etwas mehr Absicherungsbedarf", beobachtet Christian Glaser von der BNP Paribas. Gefragt seien beispielsweise Put-Optionsscheine auf den DAX (WKN PA1TAD), die vor Verlusten von derzeit um 15 Prozent bis Ende Juni schützten. Mit einem Put-Optionsschein erhalten Käufer das Recht, einen zugrunde liegenden Basiswert wie den DAX an einem Ausübungstag zu einem festgelegten Preis zu verkaufen. Dabei ist die Veräußerung lediglich eine Option, muss also nicht wahrgenommen werden.
Ölpreisentwicklung nicht eindeutig
Ebenfalls viel Aufmerksamkeit zieht unverändert der Ölpreis auf sich. "Bei uns ist die Richtung klar: brutal long", erklärt Wilhelms. Auf der Beliebtheitsskala ganz oben stehe ein sechsfach gehebeltes Long-Zertifikat auf Brent Crude (WKN CR5JL9). "Nach Erholungstendenzen im Öl sehen wir momentan wieder Zwischentiefs, die unsere Anleger dafür nutzen, wieder auf einen steigenden Ölpreis zu setzen", stellt auch Sahin fest, als Beispiel nennt er ein vierfach gehebeltes Faktor-Zertifikat auf Brent Crude (WKN DZF43L). Görich berichtet von einem gemischten Bild mit einem leichten Überhang derer, die von einer Verteuerung ausgehen.
Die Notierung für ein Barrel der Nordseesorte Brent war im Januar im Tief auf 46,41 US-Dollar gefallen, Ende Januar und Anfang Februar gab es dann einen großen Satz nach oben auf zwischenzeitlich 63 US-Dollar. Am heutigen Mittwoch liegt der Preis wieder bei 55,34 US-Dollar.
"Nicht wenige gehen mittlerweile wieder von sinkenden Preisen aus, zumindest kurzfristig", meint Glaser. "Es herrscht weiter ein Überangebot." Mittel- bis langfristig würden aber eher steigende Preise erwartet. Saudi Arabien hatte am Wochenende bekannt gegeben, derzeit fast zehn Millionen Barrel pro Tag zu fördern. Damit nähert sich das Land wieder historischen Höchstwerten.
US-Dollar im Aufwind?
"Gold und Silber scheinen derzeit aus der Mode", bemerkt Glaser. Stattdessen war beim Wechselkurspaar Euro/US-Dollar richtig viel los, wie die Händler einhellig berichten. Mit dem Kauf des laut Wilhelms sehr rege nachgefragten zehnfach gehebelten Short Zertifikat auf EUR/USD (WKN CZ60BR) setzten Anleger auf einen stärker werdenden US-Dollar. Einen Kurs von über 1,05 Euro für einen US-Dollar erwarten Käufer eines am 17. Juni fälligen stark gesuchten Optionsscheins (WKN CR89EL).
Apple als Dauerbrenner gesucht
Anders als üblich nehmen NASDAQ-Produkte einen vorderen Rang in der Umsatzstatistik der Commerzbank ein, wie Wilhelms berichtet. "Anleger positionierten sich meist auf der Longseite." Gesucht seien beispielsweise Indexzertifikate auf den NASDAQ (WKN 702977).
Bei Einzelunternehmen als Basiswert stach abermals Apple hervor. "Der Medienrummel um das Kultunternehmen ist hoch", begründe Wilhelms das Anlegerinteresse. Mit fünffach (WKN CR523S) und dreifach gehebelten Faktor-Zertifikaten (WKN CZ34RC) setzten Investoren auf eine Fortsetzung der Apple-Rallye.
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von Iris Merker, Deutsche Börse AG © 22. April 2015
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
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