Von Andreas Kißler
BERLIN/BRÜSSEL (Dow Jones)--Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat am Donnerstag erneut ihre Entschlossenheit zu einer Einigung mit Griechenland unterstrichen und dafür weiter intensive Verhandlungen gefordert. "Die Gespräche müssen mit Hochdruck weitergeführt werden", verlangte die Kanzlerin nach dem Ende des EU-Lateinamerika-Gipfels in einer kurzen Stellungnahme gegenüber Journalisten. "Und es gilt das, was ich gestern gesagt habe: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg."
Merkel wiederholte damit dieselbe Formel, die sie schon bei ihrem Eintreffen zu den Beratungen verwendet hatte.
Ein Gespräch von Merkel und Frankreichs Staatspräsidenten François Hollande mit dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras am Vorabend über die Schuldenkrise hatte zunächst keine konkreten Ergebnisse erbracht. Ein Regierungssprecher hatte im Anschluss von einer konstruktiven Atmosphäre und von Einigkeit darüber berichtet, "dass die Gespräche zwischen der griechischen Regierung und den Institutionen mit hoher Intensität fortgesetzt werden sollen".
Merkel selbst erklärte später, es habe absolute Einigkeit bestanden, "dass Griechenland mit Nachdruck und Hochdruck weiter mit den drei Institutionen arbeiten wird in den nächsten Tagen, um alle offenen Fragen möglichst zu klären". Griechenland ist nach Merkels Einschätzung noch an einer Einigung mit den drei Institutionen IWF, EZB und EU-Kommission interessiert. So wie sie das Gespräch verstanden habe, "besteht die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den drei Institutionen, und das sollte jetzt auch genutzt werden."
In der Regierungskoalition herrscht inzwischen offenbar Einigkeit, dass es kein drittes Hilfspaket für Griechenland geben soll. Stattdessen solle das laufende Programm zum Beispiel um Gelder aus anderen Programmen erweitert werden, darunter 10,9 Milliarden Euro, die für das griechische Bankenwesen reserviert wurden, schrieb die Bild-Zeitung. Voraussetzung dafür sollen aber substanzielle Reformen sein. Vize-Regierungssprecherin Christiane Wirtz hatte am Mittwoch erklärt, ein eventuelles drittes Hilfsprogramm sei "keine Frage, die jetzt zu entscheiden wäre".
Die griechische Regierung hat sich offenbar schon in der umstrittenen Frage der Zielvorgaben für die Primärüberschüsse im Staatshaushalt auf die Gläubiger zu bewegt. Wie ein Regierungsvertreter sagte, ist das Land nun bereit, unter bestimmten Bedingungen den für 2015 geforderten Primärüberschuss von 1,0 Prozent zu akzeptieren.
Die Zeit für Griechenland wird immer knapper, da das Land bis Ende Juni insgesamt gut 1,5 Milliarden Euro an den IWF zurückzahlen muss. Eine eigentlich bis zum 5. Juni fällige Zahlung von 300 Millionen Euro soll nun mit den anderen Zahlungen bis Monatsende gebündelt werden.
Ende Juni läuft das bereits zwei Mal verlängerte Hilfsprogramm für Griechenland aus. Die Kreditgeber stellen aber Forderungen, die Athen für die Auszahlung der letzten Tranche von 7,2 Milliarden Euro aus dem zweiten Hilfspaket erfüllen muss. Ohne die Tranche wäre das Land wohl spätestens im Juli zahlungsunfähig. In Deutschland sind jüngst verstärkt auch Stimmen für einen griechischen Euro-Austritt laut geworden.
Mitarbeit: Stefan Lange
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June 11, 2015 08:30 ET (12:30 GMT)
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