Das Schweizer Bankhaus Julius Bär ist trotz der Griechenlandkrise und jüngster Turbulenzen an Chinas Aktienmarkt weiter positiv zur konjunkturellen Entwicklung in der Eurozone gestimmt. Die Konjunkturaussichten blieben während der Sommermonate gut, und im zweiten Halbjahr dürfte das Wachstum im gemeinsamen Währungsraum kräftig anziehen, sagte Julius Bär-Chefvolkswirt David Kohl am Mittwoch in Frankfurt. Als einer der Gründe für die optimistische Einschätzung nannte er die Normalisierung der Kreditvergabe.
Nach Einschätzung von Kohl ist die Kreditdynamik der "Schlüsselfaktor" für den Aufschwung in der Eurozone. Im Mai hatte die Kreditvergabe der Banken des Währungsraums erstmals seit langem deutlichere Lebenszeichen gezeigt. Sie war um 0,5 Prozent höher als im Vorjahresmonat ausgefallen. Im April hatte das Kreditwachstum stagniert, davor war es lange Zeit überwiegend gefallen.
Außerdem werden die "verflogenen Deflationsängste" bei Julius Bär als Grund für das stärkere Wachstum in der zweiten Jahreshälfte gesehen. Allerdings gebe es auch eine Reihe von "Stimmungskillern", die auf der konjunkturellen Entwicklung lasteten. Hierzu zählte Kohl unter anderem die Griechenlandkrise.
Als Belastungsfaktor wird im Bankhaus Julius Bär auch die Lage in China gesehen. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt verfügt nach Einschätzung von Kohl derzeit nicht über eine ausreichende Dynamik, um ein Wirtschaftswachstum von sieben Prozent zu erreichen. Der Chefvolkswirt wertet die aktuellen Probleme in China generell als viel wichtiger für die weitere Entwicklung der Eurozone, als die Krise in Griechenland.
In den USA rechnet Julius Bär erst im vierten Quartal mit der ersten Zinserhöhung seit der schweren Wirtschaftskrise. Die US-Konjunktur "ist und bleibt robust", sagte Experte Kohl. Für das laufende Jahr geht er aber nur von einem amerikanischen Wirtschaftswachstum von 2,1 Prozent aus. Das Wachstum dürfte damit unter dem für die USA "normalen" Wachstum von drei bis vier Prozent liegen. "Die US-Notenbank Fed sollte daher mit der ersten Zinserhöhung seit der schweren Wirtschaftskrise noch etwas warten", sagte Kohl./jkr/bgf
AXC0196 2015-07-08/15:31