Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Der Chef der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Felix Hufeld, glaubt nicht, dass Griechenland einen förmlichen Zahlungsausfall noch lange vermeiden kann. Das Land müsse demnächst nicht nur öffentliche, sondern auch private Gläubiger bedienen. Er erwartet, dass die Geldpolitik die Ansteckung anderer Peripherieländer durch Griechenland verhindern wird.
Griechenland stehe in den nächsten Tagen und Wochen vor einer "großen Kette von Zahlungsverpflichtungen", sagte er bei einer Presseveranstaltung in Frankfurt. Während die Nichtbedienung von Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB) nach den Regeln der Ratingagenturen noch nicht zu einem offiziellen Zahlungsausfall führen würde, sieht das bei privaten Zahlungsverpflichtungen anders aus.
Da liegt nach Hufelds Aussage das Problem: "Es ist so sicher wie das Amen in der Kirche, dass nicht alles als ein Nicht-Kreditereignis bewertet werden kann", sagte er. Griechenland hat bekräftigt, dass die am Dienstagabend um 22.00 Uhr MESZ anstehende Zahlung von rund 1,6 Milliarden Euro an den IWF nicht geleistet wird. Die nächste größere Verpflichtung sind 3,5 Milliarden Euro, die Griechenland der EZB am 20. Juli für fällig werdende Staatsanleihen überwiesen müsste.
Dazwischen werden am 10. und 17. Juli noch Schatzwechsel über 2 Milliarden und 1 Milliarde Euro fällig. Bisher allerdings ist es dem Finanzministerium noch immer gelungen, diese Papiere mit Hilfe der heimischen Banken "überzurollen".
Allerdings hat sich die Lage der Institute in letzter Zeit ebenfalls deutlich verschlechtert. Die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) bescheinigte vier von ihnen am Montagabend einen teilweisen Zahlungsausfall (Restricted Default). Hufeld denkt aber wohl eher an kleinere "Betriebsunfälle", wenn er sagt: "So ein Staat hat ständig irgendwelche Zahlungsverpflichtungen."
Moritz Krämer, Chief Rating Officer von S&P in Frankfurt, weist noch auf zwei weitere Termine hin, bei denen private Gläubiger involviert sind: Auf einen Samuraibond über 88 Millionen Euro, der am 14. Juli fällig wird, und auf den Zinstermin einer dreijährigen Anleihe am 17. Juli, die vor einem Jahr nach britischem Recht begeben wurde. Beide Papiere wurde von Investoren mit hoher Risikoneigung erworben.
Wenn der griechische Staat nach den Regeln der Ratingagenturen ausfällt, dann wären laut BaFin-Chef Hufeld auch nicht mehr die Banken als solvent einzustufen. Aber schon jetzt haben diese Institute nach seiner Einschätzung kaum noch Handlungsspielraum. Wenn sich nichts ändere, könne man das in Tagen zählen - "zwei, drei, vier oder fünf", wie Hufeld sagte.
In diesem Fall wird Griechenland nach Hufelds Aussage auf eine Art finanziellen Notbetrieb umschalten müssen, der bestimmte "kritische Funktionen", zum Beispiel das Gesundheitswesen, gewährleistet. Dabei werde voraussichtlich eine Gruppe europäischer Institutionen helfen.
Die Sorge, dass es an den Finanzmärkten doch noch zu Ansteckungseffekten kommt, ist nach Aussage des BaFin-Chefs nicht völlig von der Hand zu weisen. Zwar sei die Reaktion der Finanzmärkte bisher gedämpft gewesen, "aber es ist nicht ganz klar, ob diese Ruhe an den Märkten von der Unterstellung geprägt ist, dass da noch eine Lösung kommt oder ob es sich tatsächlich um Gelassenheit handelt. Das lässt sich nach einem Tag schwer sagen", sagte Hufeld.
Für den Fall, dass es doch noch zu stärkeren Ansteckungseffekten in anderen Peripherieländern kommen sollte, sieht der BaFin-Chef die Eurozone gewappnet. "Ich denke, dass das Eurosystem das genau im Blick und auch die Fähigkeit hat, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen", sagte er.
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June 30, 2015 06:00 ET (10:00 GMT)
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